Willkür der Stadt Heiligenstadt aus dem Jahre 1355. Stadtrecht im Mittelalter, hg. v. d. Stadt Heilbad Heiligenstadt, bearb. v. Günther, Gerhard. Mecke, Duderstadt 1997. 134 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Elfhundert Jahre nach der ersten urkundlichen Erwähnung des Eichsfelds und 197 Jahre nach der Erstedition der Willkür Heiligenstadts durch Johann Wolf (1800) legte der Herausgeber eine neue Ausgabe mit Übersetzung des mitteldeutschen Textes in die neuhochdeutsche Sprache vor. Sie ist an entlegenerer Stelle erschienen. Deswegen verdient sie auch nach mehr als einem Jahrzehnt noch wenigstens einen kurzen Hinweis.

 

Für den Ort werden ein fränkischer Königshof auf dem Stiftsberg und eine karolingische Martinskirche angenommen. Urkundlich wird er erstmals am 23. November 973 in einem Diplom Kaiser Ottos II. erwähnt. Zwischen 990 und 1022 ging er vom König mit der nördlichen Zent des Eichsfelds an den Erzbischof von Mainz über, der ihm um 1277 Stadtrecht und Siegel verlieh.

 

Während eine Urkunde über die Stadtrechtsverleihung nicht mehr vorhanden ist, blieb die 1335 geschaffene Willkür in einer vielleicht um 1400 geschriebenen Handschrift erhalten. In ihr legt der 1309 erstmals erwähnte Rat der Stadt auf 30 Blättern Pergament in ursprünglich wohl nur 151, später 167 Artikeln (f. 1-22’) Recht und Verfassung des Rates und der Zünfte, Verwaltung der Stadtgüter und Vorteile und Lasten der Bürger fest. Ihr Text ist vielfach beschädigt und gestört.

 

In seiner sorgfältigen Einleitung geht der Verfasser besonders auf die Handschrift, die Edition und die nicht immer einfachen Fragen der Übertragung in das Neuhochdeutsche ein. Die überzeugende, 166 Anmerkungen gesammelt am Ende bietende Edition zeigt jeweils links die Abbildung der Handschrift und rechts in zwei Spalten Transkription und Übersetzung. Ein Orts- und Personenregister verzeichnet seine Gegenstände mit Ausnahme Heiligenstadts und seines Rates mit Angabe des jeweiligen Blattes und der laufenden Nummer, so dass jedem Interessenten am Heiligenstädter mittelalterlichen Stadtrecht eine sehr gute Grundlage gegeben ist.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler