Unrecht und Recht. Kriminalität und Gesellschaft im Wandel von 1500-2000, hg. v. Borck, Heinz-Günther unter Mitarb. v. Dorfey, Beate (= Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz 98). Verlag der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz, Koblenz 2002. 712 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Unter der Schirmherrschaft des rheinland-pfälzischen Staatsministers der Justiz fand im Jahre 2002 die wesentlich durch Zuwendungen der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur geförderte, auch von der Bitburger Brauerei unterstützte gemeinsame Landesausstellung der rheinland-pfälzischen und saarländischen Archive mit dem Thema Unrecht und Recht statt. Zwei von den Veranstaltern der Zeitschrift zugeleitete stattliche Katalog- bzw. Textbände fanden auch rasch einen Interessenten. Trotz vieler Erinnerungen hat ihn seine Tätigkeit als Vizerektor bisher leider von der Erfüllung seiner Zusage abgehalten, so dass der Herausgeber mit wenigen Sätzen auf das Werk hinweisen muss, wobei der Umfang allein des Begleitbandes eine ausführliche Würdigung bereits ausschließt.

 

Insgesamt sind dort 39 Beiträge vereinigt, die von 37 Bearbeitern hergestellt wurden. Sie beginnen mit Heinz-Günther Borcks Gedanken zur Landesausstellung, die in die Gesamtthematik anschaulich einführen. Sie enden mit Claudia Schmitts Weg vom königlichen Gefängnis zur modernen Justizvollzugsanstalt am Beispiel der von 1897 bis 1902 errichteten Wittlicher Strafanstalten mit 7,77 Quadratmeter großen Zellen und starken, gut gesicherten Türen.

 

In der Einführung folgt den Gedanken Heinz-Günther Borcks eine weitere Einführung Christine Petrys in die historische Kriminalitätsforschung. Jost Hausmann bietet Grundzüge der Strafrechtsgeschichte. In ihr folgen einander fränkische Zeit, Mittelalter, Rezeption, Carolina, gemeines Recht, Aufklärung, 19. Jahrhundert und 20. Jahrhundert auf der Grundlage dreier bekannter Standardwerke unter Verzicht auf Einzelnachweise.

 

Der erste der drei Hauptteile befasst sich allgemein mit Recht und Rechtsordnung. Dabei behandelt etwa Elmar Wadle die peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V., Karl Härter Policeygesetzgebung und Devianz in frühneuzeitlichen Territorien des Raumes Rheinland-Pfalz/Saarland, Andreas Roth Kriminalisierung von Bettlern und Obdachlosen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts oder Franz Dorn die nach 1532 einsetzende Entwicklung der Strafrechtswissenschaft in Deutschland. Fünf weitere Beiträge ergänzen diese gelungenen Darlegungen in vielseitigen Hinsichten.

 

Insgesamt 20 Abhandlungen widmen sich detailliert Delikten und Delinquenten. So betrachtet etwa Erwin Schaaf Kriminalfälle am Hochgericht der Gemeinde Ürzig in der frühen Neuzeit oder Dietmar Preißler den Prozess gegen die Terroristin Inge Viett vor dem Oberlandesgericht Koblenz als Geschichte einer Gerichtszeichnung. Dabei werden die unterschiedlichsten Taten der verschiedensten Täter in anschaulicher Art und Weise vorgeführt.

 

Am Ende stehen dem Wesen von Unrecht und Kriminalität entsprechend Galgen und Gefängniszelle. Dabei gehen der chronologischen Abfolge entsprechend Strafen an Leib und Leben den Freiheitsstrafen voraus. Nicht ausgespart sind Militärjustiz, medizinische Aspekte und NS-Staat, sodass der Band insgesamt eine einnehmende Schilderung des Gegenstandes in vielen Facetten erbringt, die durch den gleichzeitig vorgelegten Ausstellungskatalog eindrucksvoll vor Augen geführt und der Erinnerung eingeprägt werden.

 

Innsbruck                                                                                           Gerhard Köbler