Schröder, Friedo, Die anwaltliche Tätigkeit während der nationalsozialistischen Herrschaft. Eine Analyse der anwaltlichen Argumentation in Zivilprozessen anhand der vorhandenen Prozessakten der Landgerichte Frankenthal, Wiesbaden, Limburg und Frankfurt und der Handakten der jüdischen Konsulenten des OLG-Bezirks Frankfurt am Main (= Rechtshistorische Reihe 235). Lang, Frankfurt am Main 2001. 278 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Andreas Roth betreute, im Wintersemester 1999/2000 vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaft der Universität Mainz angenommene Dissertation des bei Arndt Teichmann als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigten Verfassers. Da eine Rezensionszusage des Jahres 2001 trotz vielfacher Erinnerung nicht eingehalten werden konnte, muss die Untersuchung vom Herausgeber verspätet angezeigt werden. Sie behandelt eine interessante Fragestellung.

 

Gegliedert ist sie in zwei Teile, denen eine Vorbemerkung vorausgeht. In ihr weist der Verfasser darauf hin, dass die Argumentation von Rechtsanwälten in Zivilprozessen zwischen 1933 und 1945 bisher nicht systematisch betrachtet wurde. Es liegt nahe, dass er sich bei der Schließung dieser Lücke mit repräsentativen Quellen begnügen musste.

 

Im ersten Teil stellt der Verfasser die rechtliche, wirtschaftliche und soziale Lage von Rechtsanwälten vor und während des dritten Reiches dar. Dabei unterscheidet er zwischen Weimarer Republik und nationalsozialistischer Herrschaft. Verbesserte sich die Lage der Rechtsanwälte nach 1933 infolge der Verdrängung jüdischer Kollegen, so verschlechterte sie sich ab 1938 zusehends.

 

Im zweiten Teil wertet der Verfasser etwa 1200 archivierte Prozessakten und etwa 840 archivierte Handakten jüdischer Anwälte mit prozessbezogenem Inhalt aus. Etwa 6,5 Prozent der Prozessakten und 10 Prozent der Handakten lassen in der Argumentation einen auf die Machtergreifung der Nationalsozialisten zurückzuführenden Wertewandel erkennen, wobei das Verhalten von jüdischen Rechtsanwälten bzw. Konsulenten geprägt war von Beständigkeit in der Argumentation und Verständnis für die Lage ihrer Mandanten. Zumeist handelt es sich bei dem nachgewiesenen Wertewandel nach dem Ergebnis des Verfassers um die bloße Wiedergabe von leeren Worthülsen und nur selten um eine inhaltliche Auseinandersetzung, die über bloßes Mitläufertum hinausging.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler