Rautenberg, Björn Alexander, Der Fiskal am Reichskammergericht. Überblick und exemplarische Untersuchungen vorwiegend zum 16. Jahrhundert (= Rechtshistorische Reihe 368). Lang, Frankfurt am Main 2008. 205 S. Besprochen von Gerhard. Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Jürgen Weitzel angeregte und betreute, 2007 in Würzburg angenommene, auf ausgewählten Akten und Johann Heinrich von Harpprechts Staatsarchiv von 1757 bis 1768 beruhende Dissertation des Verfassers. In der Einführung weist er darauf hin, dass abgesehen von der Freiburger Dissertation Ulrich Knolles über das Reichsfiskalat im 15. Jahrhundert die rechtsgeschichtliche Forschung sich mit dem Reichsfiskal wenig befasst hat. Danach verfolgt er den Fiskal (advocatus fisci) als eigenen Prozessvertreter des Fiskus in Streitigkeiten mit den Untertanen um Einnahmen und Rechte bis zu Kaiser Hadrian (117-138 n. Chr.) zurück.

 

Dieser advocatus fisci hat anscheinend den Zusammenbruch des römischen Reiches überlebt und lässt sich in Italien auch danach nachweisen. Als eigentlicher Ursprung des mittelalterlichen Fiskalalts gelten jedoch von Kaiser Friedrich II. 1225 in Sizilien bestellte procuratores fisci vel curiae. Während das Amt des Fiskals in Frankreich über die Anjou bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts Eingang fand, machte im deutschen Reich der König die Rechte des Königs und Reiches lange selbst geltend, bis im 15. Jahrhundert auch dort im Gefolge der allmählichen Rezeption des römischen Rechts der Fiskal aufgenommen wurde.

 

Im ersten Teil seiner Untersuchung befasst sich der Verfasser mit dem Fiskals am 1495 gegründeten Reichskammergericht, in dessen erster Gerichtsordnung er noch nicht erwähnt wird. In der Reichskammergerichtsordnung von 1500 wird dem Fiskal verboten, in anderen als fiskalischen Sachen tätig zu werden. Eine dauerhafte Beschreibung des Amtes des Fiskals enthält die Reichskammergerichtsordnung von 1548 bzw. 1555, so dass danach der Verfasser Organisation, Besoldung, Verwendung der Einkünfte, finanzielle Ausstattung und Anforderungsprofil darlegen kann.

 

Im zweiten Teil untersucht er die Aufgaben im Einzelnen. Sie betreffen die Aufsicht über den Landfrieden, die Verfolgung von Majestätsverbrechen, die Steuerpflicht, die Exemtion, die Religion, die Einhaltung der Ordnung bezüglich von Wirtschaft, Ruhe und Sicherheit sowie Sittlichkeit, die Einhaltung der gerichtlichen Ordnung, Strafsachen und die Einhaltung der Kameralfreiheiten. Genaue Angaben über Verteilung und Bedeutung fiskalischer Verfahren gelingen ihm nicht.

 

Der dritte Teil betrifft die prozessuale Stellung des Fiskals. Insgesamt zeigt sich, dass der Fiskal sich von einer Person, die ausschließlich dem Kaiser unterstand und vor dem Reichskammergericht die Interessen des Kaisers durchzusetzen hatte, zu einem, zwar in mancher Hinsicht privilegierten, aber doch fest in den Gerichtsbetrieb eingegliederten Angehörigen des Reichskammergerichts wandelte. Insgesamt ist damit deutlich mehr Klarheit über den Fiskal am Reichskammergericht gewonnen, wenn auch eine erschöpfende Beschreibung noch nicht geliefert werden konnte.

 

Innsbruck                                                                                           Gerhard Köbler