Plassmann, Alheydis, Die Normannen. Erobern - Herrschen - Integrieren (= Urban Taschenbuch 616). Kohlhammer, Stuttgart 2008. 366 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die durch ihre Dissertation Die Struktur des Hofes unter Friedrich I. Barbarossa nach den deutschen Zeugen seiner Urkunden (1998) und ihre Habilitationsschrift über Origo gentis - Identitäts- und Legitimitätsstiftung in früh- und hochmittelalterlichen Herkunftserzählungen (2006) hervorgetretene Bonner Privatdozentin vertieft ihre früheste Veröffentlichung über den Wandel des normannischen Geschichtsbildes im 11. Jahrhundert - Eine Quellenstudie zu Dudo von St. Quentin und Wilhelm von Jumièges (Historisches Jahrbuch 115 [1995], 188) zu einer Überblicksdarstellung über die Normannen, die auf dem berühmten Teppich von Bayeux (und dementsprechend auf dem Umschlagbild) zum Jahre 1066 mit Kettenhemd und einfachem Helm mit Nasenschutz zu sehen sind. Dabei geht es ihr um den Versuch, das komplexe Zusammenwirken von Identität der Normannen mit der Anpassung an und Abgrenzung von Anderen, von ihren Eroberungen mit den strukturellen Voraussetzungen und von ihrem Machtwillen mit den Integrationsprozessen darzulegen. Wegen der verschiedenen Schauplätze und notwendigerweise verschiedenen Perspektiven kann die Darstellung nicht rein chronologisch erfolgen und die verschiedenen Wirkstätten der Normannen werden daher in Großkapiteln behandelt (S. 15).

 

Der Beginn erfolgt mit den Wikingern vor dem Hintergrund der skandinavischen Kultur. Dabei werden zwar die möglichen Benennungsmotive erörtert, konkrete Quellenstellen aber nicht eingeführt. Auch zu dem heute oftmals zumindest im deutschen Sprachraum synonym verwendeten Namen Normannen, „Nordmannen“, der die Herkunft aus dem Norden umschreibt, heißt es nur, dass er zeitgenössisch vor allem in fränkischen Quelle verwendet werde, während die englischen Quellen von Dani, also von Dänen sprächen.

 

An diese Anfänge schließt die Verfasserin die Normanneneinfälle auf den britischen Inseln (793-1035) und im Frankenreich (810-911) an. Es folgt die Gründung und Etablierung der Normandie (911-1066). Danach wendet sich die Verfasserin den Anfängen der Normannen in Süditalien (um 1015-1112), der Etablierung des Königreichs Sizilien unter Roger II. (1112-1154) und Sizilien unter den letzten normannischen Herrschern bis zu den Staufern (1154-1189) zu.

 

Im Anschluss hieran kehrt die Verfasserin zu England zurück und stellt die normannische Eroberung Englands 1066 an Hand der Nachfolgesituation beim Tode Eduards des Bekenners, der norwegischen Invasion 1066, der Schlacht von Hastings und der Perspektiven der normannischen Eroberung dar. Ausführlich werden dann England und die Normandie von Wilhelm dem Eroberer bis zu Stephan von Blois (1066-1154) und unter den frühen Anjou-Plantagenets bis zum Verlust der Normandie 1204 einschließlich des Ausgreifend der Anglo-Normannen auf Wales, Schottland und Irland (ab 1066-um 1200) erörtert. Zum Abschluss bejaht die Verfasserin die Frage nach normannischer Identität in vorsichtiger Art und Weise.

 

Eine Zeittafel (ab 793), insgesamt 78 nachgestellte Anmerkungen, ein Quellen- und Literaturverzeichnis sowie ein Ortsregister und ein Personenregister erschließen den Textteil vorteilhaft. Sechs Karten und drei Stammtafeln erleichtern das Verständnis. Insgesamt bietet die Verfasserin eine ansprechende Übersicht über ein kriegerisch erfolgreiches Volk, das die mittelalterliche Geschichte Europas bis zum Verschwinden im 13. Jahrhundert deutlich mitgeprägt hat.

 

Innsbruck                                                                                           Gerhard Köbler