Papp, Konstanze von, Die Integrationswirkung von Grundrechten in der Europäischen Gemeinschaft. Die Rolle der Gemeinschaftsgrundrechte bei der Verwirklichung der Grundfreiheiten und des allgemeinen Freizügigkeitsrechts (= Heidelberger Schriften zum Wirtschaftsrecht und Europarecht 36). Nomos, Baden-Baden 2007. 353 S. S. Besprochen von Dieter Kugelmann.

 

Die Dissertation erörtert die Wirkungen der Grundrechte des Gemeinschaftsrechts im Kontext des europäischen Wirtschaftsrechts. Damit ist zugleich der Ansatz und die inhaltliche Ausrichtung der Arbeit vorgegeben. Die Grundrechte des Gemeinschaftsrechts werden als Teil der Integration im Binnenmarkt verstanden und nicht als eigenständiger Teil des Gemeinschaftsrechts. Methodisch geht die Verfasserin von einem Vergleich des europäischen Integrationsprozesses mit der Rechtslage in den USA aus. Daraus destilliert sie das Ergebnis, dass die Gemeinschaftsgrundrechte nicht zwingend auf Maßnahmen der Mitgliedstaaten anwendbar sein müssten, dies aber in Anlehnung an Entwicklungen in den Vereinigten Staaten selektiv in Betracht komme. Da die Mitgliedstaaten an die Grundfreiheiten gebunden sind, kommen insoweit auch die gemeinschaftlichen Grundrechte zum Tragen. Das Verdienst der Arbeit liegt in dem sorgfältigen Herausarbeiten der Wirkungsdimensionen anhand der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Dabei bleibt die Verfasserin nicht auf der deskriptiven Ebene stehen, sondern erörtert die unterschiedlichen Wirkweisen in ihren Verknüpfungen. Sie schildert eingehend und nachvollziehbar die abwehrrechtliche Funktion, die Dimension der objektiven Wertentscheidungen und die Funktion der Grundrechte für die soziale Integration. Vor punktuellen dynamischen Fortentwicklungen in Richtung auf eine Ausweitung des Anwendungsbereiches der gemeinschaftlichen Grundrechte scheut sich die Verfasserin nicht. Dies betrifft gerade auch die soziale Dimension.

 

Die Arbeit liefert interessante Einsichten in teils komplizierte Funktionszusammenhänge. Zu Recht lehnt sie einen auf rein abstrakte Kompetenzabgrenzungen gegründeten Ansatz ab. Allerdings erweist sie sich hinsichtlich der Integrationswirkung von Grundrechte als eher restriktiv, indem insbesondere die grundrechtlichen Grenzen für Rechtsakte des Gemeinschaftsrechts ausgeblendet werden. Dies wäre für eine Dissertation als Themenbegrenzung unschädlich. Das von der Verfasserin gesteckte Ziel der Arbeit, ein System für den gerichtlichen Grundrechtsschutz auf europäischer Ebene zu entwerfen, wird dadurch aber nur teilweise erreicht. Die Arbeit wertet Literatur und Rechtsprechung zum Verhältnis zwischen den Gemeinschaftsgrundrechten und den Grundfreiheiten aus und schreibt die herausgearbeiteten Tendenzen fort. Dieses Ziel wird erreicht und hier liegen der große Wert und die Nützlichkeit der Arbeit begründet.

 

Halberstadt                                                                             Dieter Kugelmann