Neubürger im späten Mittelalter. Migration und Austausch in der Städtelandschaft des Alten Reiches (1250-1550), hg. v. Schwinges, Rainer Christoph, red. v. Gerber, Roland/Studer, Barbara (= Zeitschrift für historische Forschung Beiheft 30). Duncker & Humblot, Berlin 2002. 541 S., Tab., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Das Werk ist die Frucht eines vom schweizerischen Nationalfonds und anderen Institutionen vor allem zwischen 1992 und 1998 geförderten Unternehmens. Es zielt auf eine systematische Analyse der Neubürgeraufnahmen in städtischen Gemeinden aus der Perspektive des spätmittelalterlichen Heiligen römischen Reiches. Es benutzt als Quelle vor allem Bürgerbücher.

 

Gefragt wird nach Entstehung und Verbreitung von Bürgerbüchern als den Ausgangsgrundlagen. Daran angeschlossen wird der Bürgerbegriff, mit dem das Bürgerrecht verbunden ist. Schließlich geht es um Zahlen und um Politiken.

 

In der Einleitung beschreibt der Herausgeber die Quellen. Sie bestehen in erster Linie aus 228 Bürgerbüchern zwischen 1250 und 1550 aus dem Reich und den ihm angrenzenden Gebieten. Dazu kommen 82 Bürgerlisten. Selbst bis 1600 sind nur insgesamt 360 entsprechende Unterlagen vorhanden oder bekannt, so dass sie aus der überwiegenden Zahl der Städte fehlen, wobei Graphiken und Karten die Verhältnisse im Einzelnen veranschaulichen.

 

Mit Bürgerrecht und Herrschaftsverhältnissen befassen sich anschließend fünf Beiträge, wobei die normativen Grundlagen des Bürgerbegriffs im späten Mittelalter kontrovers behandelt werden. Gerhard Dilcher erörtert Bürgerrecht und Bürgereid als städtische Verfassungsstruktur. Sondergruppen behandeln Dorothea A. Christ (hochadelige Eidgenossen), Hans-Jörg Gilomen (Sondergruppen) und Barbara Studer (Frauen).

 

Einbürgerungen haben ebenfalls fünf Beiträge zum Gegenstand. Dabei zeigt etwa Roland Gerber, dass im Süden bei niedrigen Getreidepreisen die jährlichen Einbürgerungen steigen, während sie bei hohen Getreidepreisen deutlich zurückgehen. Dementsprechend ist die Aufnahme auch nur bedingt politisch steuerbar.

 

Schließlich werden Migrations- und Gewerberäume in ebenfalls fünf Studien betrachtet. Der Herausgeber nimmt dafür das gesamte Reich in den Blick. Andere Beiträge sind sachlich auf Handwerker oder örtlich auf den einzelnen Ort (Brugge) ausgerichtet.

 

Insgesamt greift der durch viele Abbildungen und Tabellen ausgezeichnete Band eine interessante Fragestellung auf. Er gewinnt zahlreiche neue Einsichten. Ein Orts- und ein Personenverzeichnis bewirkt eine angemessene Erschließung.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler