Martin, Michael, Pfalz und Frankreich. Vom Krieg zum Frieden. Braun/DRW Verlag Weinbrenner Gmbh & Co. KG, Karlsruhe 2008. 205 S., 39 Abb. Besprochen von Dieter Kugelmann.

 

Die geschichtlichen Erfahrungen der Pfalz mit Frankreich sind vielfältig und von den jeweiligen politischen Rahmenbedingungen geprägt. Das gelehrte und lehrreiche Lesebuch Martins verfolgt diese Erfahrungen seit der Reformationszeit nach. Dabei nimmt es eine zugleich südpfälzische und europäische Perspektive ein. Die südpfälzische Herangehensweise folgt aus den Quellen und den Bildern, die im Wesentlichen aus dem Stadtarchiv Landau stammen, wo der Autor auch wirkt. Der europäische Ansatz wird bereits im Untertitel deutlich, der eine historische Erfolgsgeschichte vom Wandel der feindseligen zu freundschaftlichen Beziehungen beschreibt und die Pfalz als Modellregion für die deutsch-französische Freundschaft betrachtet. Allerdings erfolgten die einschlägigen Entwicklungsstränge selbstverständlich nicht linear, was der Autor dann auch in seinen Darlegungen verdeutlicht. Der Untertitel trägt demnach eher programmatischen Charakter.

 

Dem für ein breites Publikum geschriebene Buch liegt ein milder Unterton zu Grunde, der Autor ist Frankreich wohl gesonnen. Er unterschlägt die Verwüstungen nicht, die etwa im Pfälzischen Erbfolgekrieg von Franzosen in der Pfalz angerichtet wurden, stellt sie aber in die historischen Zusammenhänge und schafft damit Distanz. Mit dem Pfälzischen Erbfolgkrieg setzten denn auch die vertiefenden Darstellungen des Buches ein, das sodann den historischen Bogen bis in die Zeit nach 1945 schlägt. Aufschlussreich sind punktuelle Erörterungen, die teils als Längsschnitte angelegt sind und etwa zum Dorf Scheibenhardt, zu Kunst, Literatur und Musik oder zur Rolle von Pfälzern in der Fremdenlegion interessante Einblick gewähren. Das Buch ist nicht streng chronologisch angelegt, sondern lässt gelegentlich spätere Quellen über zurück liegende Ereignisse zu Wort kommen. Die Schandtaten des Grafen von Mélac im Pfälzischen Erbfolgekrieg wurden durch ein Flugblatt mit propagandistischer Tendenz im Jahr 1919 zu Beginn der französischen Besatzung in Erinnerung gerufen. Der Verweis auf das kollektive Gedächtnis trägt dabei durchaus, bestimmte Erinnerungsfetzen an Mélac oder an die Zeit des pfälzischen Separatismus von 1923/24 sind in der Pfalz, wie der Rezensent aus eigener Anschauung weiß, bis heute gegenwärtig. Martin zeichnet ein farbiges Bild einer Grenzregion, die Teil der wechselvollen Beziehungen zwischen dem vergleichsweise fest gefügten französischen Staat und den deutschen Territorien war und ist. In der Zeit ab 1816, in der die Pfalz zu Bayern kam, war die Zuneigung zu Frankreich überaus wach. Manche Pfälzer werteten die Zugehörigkeit zu Bayern als derart schlimm, dass sie eine Anlehnung an Frankreich vorgezogen hätten.

 

Martin skizziert eine Vielzahl von historischen Persönlichkeiten und weckt damit Interesse des breiten Publikums. Das gut lesbare Buch ist in deutsch und zeitgleich in französisch erschienen. Seine schöne Ausstattung und der flüssige Stil sind auf eine Verbreitung jenseits der wissenschaftlichen Diskussion gerichtet, die dem Buch zu wünschen ist.

 

Halberstadt                                                                 Dieter Kugelmann