Martin, Klaus, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner historischen Entwicklung (= Schriften zum Persönlichkeitsrecht 2). Kovac, Hamburg 2007. 318 S. Besprochen von Bernd-Rüdiger Kern.

 

Die von Malte Dießelhorst betreute Göttinger Dissertation hat die historische Entwicklung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zum Gegenstand. Seine Arbeit beginnt der Verfasser mit den 12 Tafeln des römischen Rechts und setzt sie über die Volksrechte, die Rechtsbücher und Stadtrechte, das rezipierte römische Recht, über die rechtsphilosophischen Betrachtungen, durch die großen Territorialkodifikationen und die historische Rechtsschule fort bis hin zum Gesetzgebungsverfahren des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der Entwicklung danach.

 

Obwohl es schon im römischen Recht Rechtsregeln gab, die dem Persönlichkeitsschutz dienten, verneint der Verfasser den historischen Ursprung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in dieser Zeit. Das begründet er letztlich mit dem Fehlen einer allgemeinen Rechtsfähigkeit im Sinne von § 1 BGB. Mit diesem engen Begriff vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht ist von vornherein klargestellt, dass wir das Institut des modernen Rechts erst sehr spät finden werden. Dennoch hält der Verfasser gründlich Umschau. Ob es wirklich sinnvoll ist, seitenweise zu lesen, dass germanische Volksrechte derartige Regeln nicht enthalten, mag dahinstehen. Jedenfalls entdeckt der Verfasser vor dem 19. Jahrhundert keine Spuren des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

 

Das ältere deutsche Recht beschränkte sich beim Schutz der Persönlichkeit sehr schnell auf die Ahndung von Beleidigungen. Das gilt auch für die aus dem römischen Recht übernommene Injurienklage, die nicht in ihrer ganzen Komplexität aus dem römischen Recht rezipiert wurde. Bei der Behandlung des römischen Rechts ist bemerkenswert, dass der Verfasser unmittelbar auf die Darstellung der Rezeption den usus modernus folgen lässt, wobei er den Humanismus in einem eigenen Kapitel nachfolgen lässt. Hier wäre die Einhaltung der Chronologie besser gewesen, zumal dem Humanismus für das allgemeine Persönlichkeitsrecht größere Bedeutung zukam als den übrigen römisch-rechtlichen Schulen. Insoweit geht es auch nicht an, die Humanisten zu den Rechtsphilosophen zu zählen. Warum Thomasius nur eine Fußnote erhält, obwohl seine Ansicht als wesentlich angesehen wird, ist schwer nachvollziehbar.

 

Während für die ältere Zeit eher ein Zuviel an Untersuchungen zu bemängeln ist, gilt für das 20. Jahrhundert ein anderes. Für den Volksgesetzbuchentwurf des 3. Reiches wird die zentrale Vorschrift (§ 22 Abs. 1 S. 1) nicht zitiert, das Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik erst gar nicht thematisiert. Das geht nicht an. Für die neuere Entwicklung wäre es zudem sinnvoll gewesen, einen Blick über die Grenzen in die Schweiz oder nach Frankreich zu tun. Fraglich erscheint mir zudem, ob das Marlene Dietrich Urteil wirklich keine Rückkehr zum postmortalem Persönlichkeitsrecht bedeutet. Wenig befriedigend angesprochen ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch die Nichtlösung des Problems durch die Schadensrechtsmodernisierung.

 

Alles in allem gelingt dem Verfasser eine gut lesbare Darstellung der Geschichte des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die an einigen Stellen allerdings Vertiefung auch durch Literatur erfahren könnte. Bezüglich Georg Beselers etwa wird großzügig jede einschlägige Literatur übersehen, aber auch die Quelle nicht gründlich erörtert. Was den Leser etwas unbefriedigend zurück lässt, ist der Umstand, dass die Arbeit eigentlich nichts Neues enthält. Selbst die Erkenntnis, dass auf der Ebene unterhalb der Reichsgerichtsrechtsprechung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts doch mehr allgemeines Persönlichkeitsrecht anerkannt wurde, als wir gemeinhin annehmen, ist nicht wirklich überraschend.

 

Leipzig                                                                        Bernd-Rüdiger Kern