London and the Kingdom. Essays in Honour of Caroline M. Barron. Proceedings of the 2004 Harlaxton Symposium, hg. v. Davies, Matthew/Prescott, Andrew (= Harlaxton Medieval Studies 16). Shaun Tyas, Donington 2008. XII, 436 S., 28 Abb. Besprochen von Susanne Jenks.

 

Die Beiträge in dieser der Londoner Historikerin Caroline M. Barron gewidmeten Festschrift befassen sich vornehmlich mit dem wirtschaftlichen, religiösen, sozialen und kulturellen Leben im mittelalterlichen London. Drei der insgesamt 26 Beiträge sind als rechtsgeschichtlich ausgewiesen und sollen daher vorangestellt werden: Derek Keene, Out of the Inferno: an Italian Lawyer in the Service of Odovardo re de Anglia and his London Connections (S. 272-292), befasst sich mit dem italienischen Rechtsgelehrten Francesco Accursii (1225-1293), der von 1274 bis 1281 in den Diensten König Eduards I. von England stand und sich während dieser Zeit vornehmlich in London aufhielt. Die Hintergründe seiner Verpflichtung (äußerst lukratives Angebot Eduards I., politische Situation in Bologna), seine beruflichen und privaten Aktivitäten (Gascogne, Berufung des Bischofs von Bath und Wells zum Erzbischof von Canterbury; Geldverleih) und seine Beziehung zu den in London wohnenden italienischen Kaufleuten werden beleuchtet. Die selbstgestellte Frage, ob Accursii einen Anteil an den zu dieser Zeit beobachtbaren Neuerungen im Königreich und London (etwa die römisch-rechtlichen Einflüsse beim Statute of Wales 1284; Kodifizierung der Stadtrechte) hatte, wird vorsichtig beantwortet: eine direkte Einflussnahme ist nicht zu belegen, doch kann eine Rolle „through conversations which in both London and the kingdom at large contributed to disseminating new ideas and procedures useful in English affairs“ nicht ausgeschlossen werden (S. 291). Stephen O’Connor, A Nest of Smugglers? Customs Evasion in London at the Outbreak of the Hundred Years’ War (S. 293-304) analysiert die Ergebnisse der Untersuchungskommission, die sich mit den Anschuldigungen befasste, die aufgrund einer 1342 vom König angeordneten Untersuchung zum Schmuggel von Handelswaren (insbesondere Wolle, Wollfelle und Häute) in London gemacht wurden. Der vornehmlich von Fisch- und Stockfischhändlern betriebene Schmuggel hatte nur geringe Ausmaße und keine nachweisbaren Auswirkungen auf die Finanzierung des Hundertjährigen Krieges. Penny Tucker, London and ‘The Making of the Common Law’ (S. 305-315) argumentiert, dass London nicht nur (passiven) Einfluss auf das Common Law, sondern auch auf die Common Law-Gerichte in Westminster hatte, insbesondere weil Personen, die in London öffentliche Ämter bekleidet hatten, zu Richtern aufstiegen (John Fortescue, Thomas Billyng), und wiederholt damit ein Argument, das in ihren früheren Veröffentlichungen bereits auftauchte.

Die restlichen Beiträge sollen nur kurz angezeigt werden, da sie die Rechtsgeschichte nicht berühren. Barbara Harvey, Westminster Abbey and Londoners, 1440-1540 (S. 1-37) untersucht die Rolle der Abtei als Verpächter und Konsument in London verkaufter Güter; Ian W. Archer, Conspicuous Consumption Revisited: City and Court in the Reign of Elizabeth I (S. 38-57) beschäftigt sich mit der wirtschaftlichen Bedeutung des Hofes für London; Martha Carlin, Putting Dinner on the Table in Medieval London (S. 58-77) verfolgt den Weg der Lebensmittel vom Händler zum Verbraucher; Carole Rawcliffe, Christ the Physician Walks the Wards: Celestial Therapeutics in the Medieval Hospital (S. 78-97) gibt impressionistische Einblicke in das Erscheinungsbild mittelalterlicher Hospitäler und plädiert dafür, neben Schriftquellen auch Vignetten, Kirchenfenster, Wandzeichnungen und Wandbehänge und ähnliches zu berücksichtigen; Clive Burgess, London, the Church and the Kingdom (S. 98-117), beschäftigt sich mit der von Heinrich VIII. am 11 November 1535 angeordneten Prozession zur Feier der Genesung des französischen Königs; Gervase Rosser, Party List: Making Friends in English Medieval Guilds (S. 118-134) widmet sich dem Thema der Freundschaft in den mittelalterlichen Gilden; Mary Erler, Religious Women after the Dissolution: Continuing Community (S. 135-145) beleuchtet die Wohngemeinschaften von Nonnen nach der Auflösung der Klöster; Hannes Kleineke, The Schoolboy’s Tale: A Fifteenth-Century Voice from St Paul’s School (S. 146-159) analysiert die Berichte über das Verschwinden eines Schülers der Schule von St Paul’s im Jahr 1434; Anne F. Sutton, The Women of the Mercery: Wives, Widows and Maidens (S. 160-178) wertet 197 Testamente von Tuchhändlern aus dem 15. Jahrhundert im Hinblick auf Frauen aus; Stephanie R. Hovland, Girls as Apprentices in Later Medieval London (S. 179-194) konzentriert sich auf die Londoner Vorschriften für Lehrmädchen; John R. Oldland, The Wealth of Early Tudor Craftsmen in London based on the Lay Subsidies (S. 195-211) argumentiert, dass die Londoner Handwerker wohlhabender waren, als es die Steuerunterlagen vermuten lassen; Jenny Stratford, Richard II’s Treasure and London (S. 212-229) wertet das Inventar der Schätze Richards II. aus, das sie ediert; Christian Steer, Commemoration and Women in Medieval London (S. 230-245) beschreibt die unterschiedliche Weise, wie Töchtern, Frauen und Witwen gedacht wurde; Elizabeth New, Representation and Identity in Medieval London: the Evidence of Seals (S. 246-258) analysiert Siegel als Ausdruck von Identität, das heisst als eine Form von Repräsentation; Jessica Freeman, Simon Seman, Citizen and Vintner of London (S. 259-264) verfolgt die Karriere des Weinhändlers, Ältermannes und Sheriffs von 1416 bis zu seinem Tode 1433; Nigel Saul, The Medieval Monuments of St Mary’s, Barton on Humber (S. 265-271) beschäftigt sich mit in London hergestellten Grabplatten; Stephen H. Rigby, Ideology and Utopia: Prudence and Magnificence, Kingship and Tyranny in Chaucer’s Knight’s Tale (S. 316-334) erkennt in den der Figur Theseus von Chaucer zugeschriebenen politischen Tugenden genau diejenigen, die Richard II. nach Meinung seiner Gegner fehlten; Paul Strohm, Interpreting a Chronicle Text: Henry VI’s Blue Gown (S. 335-345) bricht an einem Beispiel aus der Great Chronicle of London (Guildhall Library MS 3313) in überzeugender Weise eine Lanze für mittelalterliche Chroniken als glaubwürdige historische Quelle; Mary Rose McLaren, Reading, Writing and Recording. Literacy and the London Chronicles in the Fifteenth Century (S. 346-365) befasst sich mit der Schriftlichkeit der Kaufmannschaft, aus deren Reihen die Verfasser der Londoner Chroniken stammten; Laura Wright, The Playground Language of London Schoolchildren: Southern Voicing Revisited (S. 366-383) beschäftigt sich mit der Geschichte des von Kindern benutzten Lexems fainities, mit dem eine Auszeit während eines Spiels erbeten wurde; Sheila Lindenbaum, Literate Londoners and Liturgical Change: Sarum Books in City Parishes after 1414 (S. 384-399) untersucht die Bedeutung der liturgischen Bücher, die den nach dem Ort Salum (nahe Salisbury) benannten und zunächst in der Diözese von Salisbury benutzten lateinischen Ritus enthielten. Zu erwähnen ist noch die von Vanessa Harding verfasste Würdigung des wissenschaftlichen Werkes der Geehrten (Caroline Barron and the Study of Medieval London, S. 1-11) und die von Heather Creaton zusammengestellte Bibliographie (A Bibliography of the Published Writings of Caroline M. Barron, S. 400-404). Hannes Kleineke zeichnet für den Index verantwortlich, der diese gewichtige Festschrift abrundet.

 

Fürth                                                                                                                         Susanne Jenks