Forschungsband Philipp Lotmar (1850-1922). Colloquium zum 150. Geburtstag Bern 15./16. Juni 2000, hg. v. Caroni, Pio (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 163). Klostermann, Frankfurt am Main 2003. VIII, 193 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der in Frankfurt am Main in einer jüdischen Kaufmannsfamilie geborene Philipp Lotmar wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Heidelberg, Göttingen und München (Alois Brinz) 1875 über causa im römischen Recht promoviert und bereits ein Jahr später für römisches Recht habilitiert. 1888 wurde er als Nachfolger Julius Barons nach Bern berufen, wo er am 29. Mai 1922 starb. Sein dortiges langjähriges erfolgreiches Wirken ist der wichtigste Grund für die Würdigung in einem Colloquium, in dem es sowohl um gezielte Vertiefung einzelner Sachfragen wie auch um gelegentliche Sammlung von Auskünften und Einsichten zur Beanwortung der einfachen Frage ging, wie Lotmar bei so deutlichen Verdiensten so gründlich vergessen werden konnte.

 

Der Erinnerung dienen insgesamt sieben Referate vorzüglicher Sachkenner. Sie beginnen entsprechend dem Entwicklungsgang Lotmars mit dem römischen Recht. Dabei behandelt Josef Hofstetter das romanistische Werk, während Marianne Reinhart ausführlich auf die Berner Romanistik im 19. Jahrhundert insgesamt ausgreift.

 

Lotmars Arbeitsvertrag hat der von Eberhard Dorndorf erarbeitete Beitrag zum besonderen Gegenstand. Catherine A. Gasser stellt die gesamte Auswirkung Philipp Lotmars auf das schweizerische Arbeitsrecht dar. Jürg Brühwiler versucht einen Vergleich Philipp Lotmars mit dem zweiten bekannten Arbeitsrechtler der Frühzeit, Hugo Sinzheimer.

 

Über die Dogmatik führen die den Band abschließenden Studien hinaus. Joachim Rückert erweist Philipp Lotmar auch als einen Rechtsphilosophen von Rang. Pio Caroni stellt die Äußerungen Philipp Lotmars und Eugen Hubers zur sozialen Frage vergleichend nebeneinander.

 

Insgesamt erreicht der mit einem Bild Lotmars auf dem Umschlag geschmückte Band in glücklicher Weise das selbst gesetzte Ziel. Die Gegenwart wird zu Recht auf die Leistungen eines bedeutenden Juristen des 19. Jahrhunderts aufmerksam gemacht. Schon die ersten Schreiber in der Geschichte haben freilich erkannt, dass zwar Schrift das Gedächtnis ersetzt und verlängert, gleichwohl aber das allmähliche Vergessen kaum jemals wirklich aufhalten kann.

 

Innsbruck                                Gerhard Köbler