Die Langenbeck’sche Glosse zum Hamburger Stadtrecht von 1497. Die vollständige Glossenhandschrift von Bartholdus Eggheman von 1532 sowie Lappenbergs Auszüge aus späteren Handschriften, hg. und übers. v. Eichler, Frank, mit Einführungen von Eichler, Frank und Repgen, Tilman. Verlag Mauke, Hamburg 2008. 485 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Wenn richtiges Objekt und richtiges Subjekt zueinanderfinden, kann sich daraus eine fruchtbare Symbiose entwickeln. Dies scheint bei Frank Eichler und dem Hamburger Stadtrecht in besonderem Maße der Fall. Im Jahre 2005 hat er das Hamburger Ordeelbook von 1270 herausgeben, 2007 seine Erstfassung von 1270. Nach kurzer Zeit legt er nun die älteste überlieferte Handschrift der vollständigen Langenbeck’schen Glosse zum Stadtrecht Hamburg von 1497 in sehr stattlicher Form vor.

 

Seine Edition begründet der Herausgeber, obwohl dies nicht wirklich notwendig gewesen wäre, damit, dass einer der im Spätmittelalter nicht so häufigen Fälle vorliegt, dass der Verfasser eines Rechtstextes selbst den Kommentar dazu schreibt. Dazu kommt, dass die Situation besonders reizvoll war, weil die betreffende Neukodifikation (!) unter einem besonderen Druck stand, nämlich dem wissenschaftlichen Druck der Rezeption in Verbindung mit dem politischen Druck des gerade neu begründeten Reichskammergerichts und der ihm vorgegebenen Anwendung (auch) des gemeinen Rechts. In dieser Lage habe der Hamburger Ratsherr scheinbar (gemeint ist wohl anscheinend) all sein Geschick daran gesetzt, Form und Inhalte des gemeinen Rechts und des alten Hamburger Stadtrechts miteinander zu verbinden.

 

Nach seinem kurzen Vorwort bietet der Herausgeber übersichtliche Einführungen in das Hamburger Stadtrecht von 1497 und Langenbecks Glosse, wobei er das Ordeelbook von 1270 dem dieses in seinen wesentlichen Inhalten bestehen lassenden Stadtrecht von 1497 mit seinem Original in 301 Pergamentblättern mit ganzseitigen Miniaturen gegenüberstellt. Danach wendet er sich dem aus Buxtehude stammenden, bereits 1479 zum Ratmann und 1482 zum Bürgermeister aufsteigenden Dr. Hermann Langenbeck (1457-1517) zu, dessen den Text erklärende Glosse vielfach ergänzt wurde. Herangezogen werden dabei von den einheimischen Rechtsquellen Sachsenspiegel (Vulgatfassung) und sächsisches Weichbildrecht jeweils mit Glossen sowie wohl Schwabenspiegel (Kaiserrecht), aus dem römisch-kanonischen Recht Institutionen, Digesten, Codex und Novellen, Bartolus, Accursius, Bartholomaeus Salicetus, liber extra, liber sextus, Clementinae, Gratian und Johannes Andreae.

 

Als vorhandene Überlieferung kann der Herausgeber acht (von ursprünglich 31) Lappenberg bekannte und fünf weitere später bekannt gewordene Handschriften des Stadtrechts nennen. Die von ihm vollständig transkribierte und edierte Handschrift (A2 Lappenbergs) ist unterzeichnet von (dem sonst kaum bekannten) Bartholdus Eggheman und datiert vom 27. Juli 1532 (Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek in scrinio 105b, 1r-372v, davon 336v-372v leer). In seiner Bewertung sieht der Herausgeber die Leistung Langenbecks als intellektuelle Rezeption an.

 

Unter dem Titel offene Fragen - partikulares deutsche Privatrecht in der inneren Rechtsgeschichte behandelt Tilman Repgen anschließend eindringlich das Stadtrecht als Forschungsfeld, den heutigen Ort des deutschen Privatrechts und die privatrechtliche Dogmengeschichte sowie die Darstellung des Privatrechts in Deutschland. Zutreffend versteht er die Erschließung des Hamburger Stadtrechts als wichtigen Beitrag zur Dogmengeschichte. Auf diese Weise bindet er die gelungene Edition einleuchtend in weitere Zusammenhänge ein.

 

Diesen Einführungen folgt als Hauptteil die Edition. Sie zeichnet sich auch dadurch aus, dass ihr spaltengetreu eine neuhochdeutsche Übersetzung als Verständnishilfe beigegeben ist. Zahlreiche Anhänge runden die erfreuliche Leistung vorteilhaft ab und rücken auf diese Weise Hamburg auf der rechtsgeschichtlichen Bühne (wieder) ganz nach vorn.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler