Brom, Christian, Urteilsbegründungen im „Hoge Raad van Holland, Zeeland en West-Friesland“ am Beispiel des Kaufrechts im Zeitraum 1704-1787 (= Rechtshistorische Reihe 377). Lang, Frankfurt am Main 2008. 440 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die von Albrecht Cordes hier vorgeschlagene, von A. J. B. Sirks betreute Arbeit ist die im Graduiertenkolleg europäische Rechtsgeschichte gelungene Dissertation des Verfassers. Ihr Gegenstand sind die Begründungen der offiziell unbegründeten Entscheidungen des obersten Gerichtshofs der Provinzen Holland, Seeland und Westfriesland der Niederlande während der längsten Zeit des 18. Jahrhunderts. Dabei behandelt der Verfasser die interessante Frage, ob die fehlende Veröffentlichung der in unveröffentlichten offiziellen Aufzeichnungen des Gerichts einerseits und in privaten Schriftstücken von Cornelis van Bijnkershoek, Willem Pauw und Johan van Bleiswijk andererseits überlieferten Urteilsgründe Auswirkungen auf die Entscheidungen des Gerichts hatte.

 

Gegliedert ist die Untersuchung in eine umfangreiche Einleitung, eine Untersuchung dreizehner Kaufrechtsfragen und ein kurzes Ergebnis. Im Anhang sind auf mehr als 150 Seiten wichtige Quellen wiedergegeben. Eine Übersicht schließt die rund 150 einbezogenen Observationes bzw. Decisien ebenso auf wie ein Sachindex.

 

In seiner Einleitung beginnt der Verfasser mit Problemen und Fragestellung und schätzt dabei die Zahl der Entscheidungen seines Gerichts im 18. Jahrhundert auf rund 10000, aus denen er einleuchtenderweise eine Auswahl treffen muss. Danach stellt er seine drei Autoren und den Hogen Raad dar. Im Anschluss hieran beschreibt er seine Quellen und seine Auswahlkriterien.

 

Bei den sachlichen Problemen des Kaufrechts setzt er mit der Natur des Rechtsgeschäfts und der Abgrenzung gegenüber anderen Rechtsverhältnissen ein. Es folgen Zustandekommen, Pflichten des Käufers, Pflichten des Verkäufers, Termingeschäfte und Optionsverträge, Eigentumsübergang bei Kreditgewährung, Gefahrtragung, Gewährleistung, Sachmangelhaftung, Haftungsausschluss, Sonderregeln bei Zwangsversteigerung und Näherrecht. Zum Abschluss wird noch die laesio enormis behandelt.

 

Im Ergebnis stellt er überzeugend fest, dass die Nichtveröffentlichung von Gründen die Transparenz und damit die Rechtssicherheit erschwerte, aber die Einzelfallgerechtigkeit verbessert haben dürfte. Dementsprechend ist oft nicht vorhersehbar, wie das Gericht voraussichtlich den einzelnen Streit entscheiden wird. Von erheblichem Gewicht für den Ausgang war nach Ausweis der Quellen, wer im konkreten Fall den Richtern redlich erschien.

 

Insgesamt gefällt die Arbeit durch die Fragestellung und die folgerichtige Lösung. Sie eröffnet einen guten Blick in die tatsächliche judizielle Tätigkeit der behandelten Zeit. Formal weist das Literaturverzeichnis eine ganze Reihe unterschiedlicher Schwächen auf.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler