Taeger, Angela, Ludwig XVI. (1754-1793) König von Frankreich (= Urban Taschenbuch 611). Kohlhammer, Stuttgart 2006. 191 S., 11 Abb. im Text, 1 geneal. Taf. Besprochen von Alois Gerlich.

 

Aus reicher Literatur überwiegend französischer Provenienz gestaltet die Verfasserin das Lebensbild des letzten Königs von Frankreich von der Geburt bis zum durch den mit nur einer Stimme Mehrheit in der Nationalversammlung zum Tode Verurteilten. Nach geraffter Darstellung der Genealogie wird die Herrscherideologie des Ancien régime hervorgehoben, geschildert wird die Erziehung des zu Melancholie und tiefen Depressionen neigenden Prinzen. Für die Öffentlichkeit bestimmt wurde das Bild vom ‚guten‘ König entsprechend der seit Ludwig XIV. überkommenen Lehre. Doch schon die Diskussion um die Bedeutung des sacre in Reims am 11. Juni 1775 zeigte die von Taeger ansprechend kommentierte Brüchigkeit der Auffassungen über diesen Akt deutlich. Der in den Reformanliegen zögernde König war darauf angewiesen, dass andere diese Aufgaben anpackten. Er selbst mied Paris und den Kontakt mit seinen Untertanen. Den Repräsentationspflichten kam er nur widerwillig nach und überließ diese oft seiner Gemahlin Marie-Antoinette, die die Regeln der höfischen Welt diktierte. Ludwig selbst verharrte in eigenbrötlerischen Neigungen, der Jagdleidenschaft und der Schlosserei. Andererseits war er Bezeugungen von Wohltätigkeit nicht abgeneigt. „Es ist die Königin, die den Stil Louis XVI prägt, nicht Ludwig“ (S. 81). Den aufwendigen Ansprüchen Marie-Antoinettes begegnet die Verfasserin objektiv und durchaus nicht mit Antipathie. Sie stellt heraus, wie diese Königin dazu beitrug, das Ansehen der monarchischen Herrschaft zu schädigen, zumal sich bei Ludwig XVI. die Weltabgewandtheit und sein Mangel an Entschlusskraft verstärkten. Zwar berief er die Generalstände ein, um die Reformen zu gestalten, musste aber der Nationalversammlung die Initiative hierzu und überdies die Schädigung seiner persönlichen Rechte und Ansprüche überlassen. Seit 1791 verfiel er in immer tiefere Lethargie. In der stümperhaft arrangierten Flucht wurde er mit der Familie in Varennes gefangen. In der Nationalversammlung kamen jetzt die radikalen Elemente in die Vorhand. Abschaffung der Monarchie, Gefangenschaft, Gerichtsverhandlung und der Gang zur Guillotine werden von der Verfasserin nüchtern dargestellt. Die gleiche Qualität zeichnet die Schilderung des zutreffend als Muster eines politischen Prozesses gegen die Königin veranstalteten Verfahrens aus.

 

Wiesbaden                                                                                                     Alois Gerlich