Spaethe, Julia B., Spaniens Abstammungsrecht in Geschichte und Gegenwart – unter besonderer Berücksichtigung der Nichtehelichkeit (= Schriften der deutsch-spanischen Juristenvereinigung 13). Lang, Frankfurt am Main 2004. 323 S. Besprochen von Ignacio Czeguhn.

 

Die Autorin hat sich eines aktuellen Themas angenommen. Die Arbeit befasst sich mit dem spanischen und dem deutschen Abstammungsrecht, also dem Rechtsgebiet, das zum einen die Feststellung und zum anderen die Anfechtung der rechtlichen Abstammung regelt. Der Rechtsvergleich ist reizvoll, weil das spanische Recht als Teil des romanischen Rechtskreises historisch gewachsene Elemente enthält, die dem deutschen Recht vom Ansatz her fremd sind. In beiden Rechtsordnungen hat der Gesetzgeber in den letzten 20 Jahren durchgreifende Änderungen vorgenommen. Das spanische Recht wurde 1981 und das deutsche Recht 1997 im Rahmen des Kindschaftsrechtsreformgesetzes grundlegend reformiert, wobei sich die Gesetzgeber jeweils bemüht haben, geänderten sozialen Verhältnissen Rechnung zu tragen.

 

Die Arbeit gliedert sich in drei Teile und einem Anhang, in dem die wichtigsten Auszüge aus dem Código Civil und der Ley de Enjuiciamiento Civil 2000 mit deutscher Übersetzung finden. In diesem letzten Teil hätte ein sorgfältigeres Korrekturlesen die doch zahlreichen Druck- und Schreibfehler vermieden. Die Übersetzung der Vorschriften ist jedoch gelungen und bietet dem interessierten Leser eine gute Möglichkeit, die Vorschriften der beiden Länder vergleichend zu untersuchen.

 

Der erste Abschnitt der Arbeit befasst sich mit dem Mittelalter und geht zunächst auf die historischen Gesetzesquellen ein. Dabei fällt auf, dass die Autorin durch ihre Wortwahl etwas irreführend den Eindruck erweckt, als sei es im mittelalterlichen Spanien bereits um die Errichtung einer gesamtspanischen Rechtsordnung für die iberische Halbinsel gegangen. Hier muss klarstellend der Hinweis erfolgen, dass dies aufgrund der einzelnen Foralgebiete, die eigenes Zivilrecht besaßen, nicht möglich war. Vielmehr ging es um den Versuch, all diese foralrechtlichen Eigenheiten dort, wo es ging, zu vereinheitlichen. Die folgenden Ausführungen sind dann bereichernd. Der Autorin gelingt es den wesentlichen Gründen für die ungleiche Behandlung der ehelichen und unehelichen Kinder in Spanien nachzuspüren, die sich bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts in Spanien selbst in den einzelnen Bezeichnungen und der Terminologie beharrlich hielt. Hier lässt sich feststellen, dass die Kinder praktisch das (damals so ausgelegte) Fehlverhalten der Eltern durch ihre Benennung (hijos adulterios, hijos incestuosos, hijos sácrilegos) „büßen“ mussten.

 

Der zweite Abschnitt untersucht dann die Rechtslage nach Inkrafttreten des Código Civil und des Bürgerlichen Gesetzbuches und die weitere Entwicklung bis zu den erwähnten Reformen im 20. Jahrhundert. Hier zeigt der vergleichende Teil, dass die „natürlichen Kinder“ (alle Kinder deren Eltern zur Zeit der Empfängnis mit oder ohne Dispens heiraten konnten) in Spanien den ehelichen gleichgestellt waren und damit einen rechtlich besseren Stand hatten als die nichtehelichen Kinder in Deutschland.

 

Der dritte Teil beleuchtet dann die aktuelle Lage nach den Vorgaben der demokratischen Verfassungen in Spanien 1978 und Deutschland 1949. Hier wird insbesondere die Gleichstellung der ehelichen mit den nichtehelichen Kindern herausgearbeitet, wobei sich diese Gleichstellung in beiden Ländern jeweils auf einen anderen Inhalt bezieht: In Spanien auf die Abstammung und in Deutschland auf die Gleichheit der allgemeinen Entwicklungschancen.

 

Die Einleitung zu Beginn eines jeden einzelnen Paragraphen ermöglicht es dem Leser, durch das gesamte Werk den „roten Faden“ zu behalten, und erleichtert so das Lesen. Die Zusammenfassungen und die Schlussbetrachtung am Ende kommen der Lesbarkeit des Buches sehr zu Gute. Insgesamt ist es der Autorin gelungen, eine vergleichende Betrachtung des Abstammungsrechts in Spanien darzustellen, wobei besonders lobenswert ist, dass die geschichtliche Entwicklung Beachtung fand. Der vergleichende Aspekt, der dem Buch innewohnt, bereichert es außerordentlich und macht das Buch zu einer empfehlenswerten Publikation.

 

Würzburg                                                                                                       Ignacio Czeguhn