Schon, Karl-Georg, Unbekannte Texte aus der Werkstatt Pseudoisidors. Die Collectio Danieliana (= Monumenta Germaniae Historica, Studien und Texte 38). XII, 116 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der Verfasser nimmt mit seinem Buch vor 25 Jahren unterbrochene Studien wieder auf. Er untersucht die Handschrift 442 der Berner Burgerbibliothek, die nach Emil Seckel eine der zahlreichen Überlieferungen der das Anklageverfahren gegen Bischöfe ordnenden Capitula Angilramni in ihrer üblichen Form bieten soll. Demgegenüber kommt der Bearbeiter zu dem Ergebnis, dass die nach dem frühneuzeitlichen Besitzer der Handschrift (François Daniel) so genannte Collectio Danieliana eine besondere Frühform der Capitula Angliramni überliefert.

 

Die von Hubert Mordek in die erste Hälfte des 10. Jahrhunderts datierte, inhaltlich auf das kirchliche Verfahren bezogene Handschrift enthält auf ihren ersten 36 Blättern eine Kanonessammlung in 195 Kapiteln mit den Capitula Angilramni und Auszügen aus den falschen Dekretalen Pseudoisidors. Der Verfasser zeigt, dass die Collectio Danieliana weitgehend aus Exzerpten aus Werken Isidors von Sevilla und Gregors des Großen, Pseudo-Silvester, Teil 1 der falschen Dekretalen, Capitula Angilramni, Dionysio-Hadriana, Collectio Vetus Gallica, Quesnelliana, Teil 3 der falschen Dekretalen, Dionysio-Hadriana, Capitula Angilramni usw. besteht. Im Ergebnis nimmt er an, dass ein Priester oder Diakon der Werkstatt der pseudoisidorischen Fälschungen die Materialien der Fälscherwerkstatt in der Sammlung zu Gunsten des eigenen Weiheordos benutzt hat.

 

Danach verfolgt er die Wirkungsgeschichte dieser Sammlung. Er findet Spuren in zwei Handschriften des dritten Viertels des neunten Jahrhunderts und in einer Handschrift der zweiten Hälfte des elften Jahrhunderts. Darin sieht er überzeugend einen weiteren Beleg für die Vermutung, dass Hinkmar von Laon mit dem Kreis der pseudoisidorischen Fälscher in Verbindung gestanden hat.

 

In seiner anschließenden erstmaligen Edition hält er sich möglichst eng an die einzige überliefernde Handschrift. Ein Kommentar zu jedem Kapitel diskutiert die Frage der Vorlagen und das Verhältnis der Sammlung zu anderen pseudoisidorischen Texten. Ein Initienverzeichnis und ein zwar iudex, iudicium und lex (divina, extera, publica, saecularis) oft, ius jedoch nirgends nachweisendes Register erschließt die Quelle.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler