Philippi, Hans, Die Landgrafschaft Hessen-Kassel 1648-1806 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 46 = Kleine Schriften 8). Elwert, Marburg, 2007. X, 115 S. m. 8 Abb. u. 1 Kt. Besprochen von Alois Gerlich.

 

Zum 90. Geburtstag ihres um die geschichtliche Landeskunde Hessens hochverdienten Mitgliedes Hans Philippi veröffentlichen H.-P.Lachmann und A. Hedwig seinen Teil an dem allzu voluminös geplanten und daher wohl nie erscheinenden dritten Band des Handbuchs der hessischen Geschichte und retten so wenigstens etwas für die weitere Forschung. Philippis Reihung der Lebensbilder der Landgrafen beschreibt das politische Streben der Landesherren, die wechselnden Maßnahmen der Administration, die an den Calvinismus gebundene Konfessionsbewahrung, die vielen Rechts- und Verfassungsinitiativen, nicht zuletzt den weiten Horizont dynastischer Verbindungen. Nach Behebung der im Dreißigjährigen Krieg erlittenen Schäden mussten die Landgrafen als Herren eines der nur mittelgroßen Staaten im Alten Reich die Beziehungen zu den Nachbarn in Hessen-Darmstadt, den Hochstiften Mainz und Würzburg, den Standesgenossen in Thüringen, den mächtigeren Fürsten in Hannover und Brandenburg über alle lokalen Misshelligkeiten hinaus zu gestalten suchen, auch die Verbindung mit dem Kaiser nicht außer Acht lassen. Aus den europäischen Konstellationen, die durch Frankreichs Angriffe auf den Westen des Reiches und die Reaktionen der Seemächte bestimmt wurden, konnte sich Hessen-Kassel nicht heraus halten. Das belastete besonders die lange Regierungszeit des Landgrafen Karl von 1670 bis 1730. Durch den Anfall Hanau-Münzenbergs kam Hessen-Kassel 1736 in eine ihm bisher fernere Landschaft mit deren Vielfalt territorialer Bildungen. Durch König Friedrichs II. von Preußen Kriegspolitik entstanden neue Belastungen. Der Landgraf  wurde zum Aufbau eines stehenden Heeres gezwungen, hässliche Begleiterscheinung war später der Soldatenhandel mit England und den neuen Vereinigten Staaten von Amerika. In wohl abgewogenem Schlussabschnitt über den in der Forschung umstrittenen Wilhelm IX. würdigt Philippi das Ende der Herrschaft infolge des Eingreifens Napoleons I. und der Aufwertung Hessen-Kassels mit einem nutzlosen Kurfürstentum im sterbenden Alten Reich.

 

Wiesbaden                                                                                                     Alois Gerlich