Law in the City – Proceedings of the Seventeenth British Legal History Conference, London, 2005, hg. v. Lewis, Andrew/Brand, Paul/ Mitchell, Paul. Four Courts Press, Dublin 2007. XI, 345 S. Besprochen von Susanne Jenks.

 

Der Band enthält sechs mittelalterliche und elf neuzeitliche Beiträge unterschiedlicher Qualität mit nicht immer erkennbaren Bezug zum Konferenzthema „Law in the City“. Penny Tucker (The City and the common law: the contribution of London to modern English law, S. 1-14) stellt ihre Hypothese vor, dass insbesondere das Londoner Gewohnheitsrecht zwischen 1350 und 1550 bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung des Common Law nahm und die Attraktivität der Londoner Stadtgerichte zwischen 1450 und 1550 eine ernstzunehmende Gefahr für die King's Bench und den Court of Common Pleas darstellte. Diese Gedanken sind ebenfalls in ihr soeben erschienenes Buch „Law Courts and Lawyers in the City of London, 1300-1500“ eingeflossen. Sarah Tullis (Glanvill Continued: a reassessment, S. 15-23) korrigiert einige der 1938 von H. G. Richardson in einem Aufsatz aufgestellten Thesen. Beide von Richardson untersuchten Handschriften (British Library, Additional 25005 und Harley 323) belegen nicht den Versuch eines Kanzleischreibers, eine erweiterte und aktualisierte Version des aus dem späten 12. Jahrhundert stammenden Rechtstraktats Glanvill zu erstellen, sondern beruhen vielmehr auf einer privaten Kompilation einer rechtsgeschichtlich interessierten Person mit Verbindungen nach Lincolnshire (vermutlich Robert of London) und bezeugen den kontinuierlichen Gebrauch des Traktats. Samantha Worby (Consanguinity and the common law: idle ingenuities in Bracton?, S. 24-41) geht der Frage nach, warum in vielen Rechtstraktaten, darunter in 10 % der überlieferten Bracton-Handschriften, kanonische Abhandlungen über Abstammung und Verwandtschaftsgrade (mit und ohne Stammbäumen) enthalten sind und kommt zu dem Schluss, dass Common Lawyers zwar kein Interesse am kirchlichen Eherecht hatten, sehr wohl aber an den zugrunde liegenden Ideen,  kirchenrechtlichen Definitionen und visuellen Darstellungen. Dies alles war für sie von praktischem Interesse, nicht nur zu Lehrzwecken, sondern auch als Argumentationshilfe vor Gericht, wie an Hand von drei Fallbeispielen gezeigt wird. Paul Brand (The making of English thirteenth-century legislation: some new evidence, S. 42-53) präsentiert das als verschollen geglaubte Glied in der Entstehungsgeschichte der Provisions of Westminster (1259), ediert den anglo-normannischen Text des Gesetzentwurfs und fügt eine englische Übersetzung bei. Dieser Beitrag vervollständigt somit sein 2003 veröffentlichtes Buch „Kings, barons and justices: the making and enforcement of legislation in thirteenth century England“. Dirk Heirbaut (Thirteenth-century legislation on mortmain alienations in Flanders and its influence upon France and England, S. 54-71) verweist auf ein 1252-1261 von Margaret von Flandern und ihrem Sohn Guy erlassenes Gesetz über das Verbot von Schenkungen an die Tote Hand, das durch ein Lizenzsystem umgangen wurde, und erkennt marginale Einflüsse auf eine ähnliche, spätere Gesetzgebung in Frankreich und England. Jonathan Rose (Feodo de Compedibus Vocato le Sewet: the medieval prison oeconomy, S. 72-94) nutzt einen Eintrag in einer Abrechnung aus den Fastolf Papers, um sich allgemein mit der Geldzahlung für Hafterleichterungen (suete de prisone) zu beschäftigen und die Frage zu erörtern, ob die Zahlung in diesem konkreten Fall legal war. Neil G. Jones (The trust beneficiary's interest before R. v. Holland 1648, S. 95-118) bestreitet nicht, dass man den Rechtsstreit gegen Holland 1648 als Wendepunkt für die Idee des „trust beneficiary's interest as an interest in the land“ ansehen könnte, weist aber darauf hin, dass die Ursprünge dieser Vorstellung bereits in den Jahren zuvor zu finden sind. Chantal Stebbings (Localism v. centralism: tensions in the administration of tax in nineteenth-century England and America, S. 119-162) unterstreicht das in England traditionell starke lokale Element bei der Erhebung und Einziehung von Steuern, auf das nicht verzichtet werden konnte, und vergleicht das englische mit dem ähnlichen, aber für Wandlung offeneren amerikanischen System. Warren Swain (The will theory of contract in the nineteenth century: its influence and its limitations, S. 163-180) betont, dass sich das Vertragsrecht im 19. Jahrhundert fundamentalen Veränderungen ausgesetzt sah, deren Richtung entscheidend von Robert-Joseph Pothiers Vorstellung geprägt wurde, dass Verträge aus einem Zusammentreffen von Willensäußerungen bestanden (meeting of wills). Dieser Ansatz ließ sich zudem gut in die existierenden Common Law Regeln einbetten. Carla Crifò (The creation of the default judgement in nineteenth-century English procedural reforms, S. 181-205) listet, neben einem kurzen historischen Exkurs, die Faktoren auf, die die Reformierung der Prozessordnung in Bezug auf Versäumnisurteile begünstigten, und nennt die aus diesem Wandel entstehenden Konsequenzen. Lorie Charlesworth (Poor law in the city: a comparative analysis of the successful legal resistance to the implementation of the Poor Law Amendment Act 1834 in the cities of Chester and Liverpool, S. 206-229) zeigt, dass sich beide Städte erfolgreich wehren konnten, weil ein bestehendes System der Armenfürsorge von der Zentralgewalt toleriert wurde. Isabella Alexander (The lord chancellor, the poets and the courtesan: public morality and copyright law in the early nineteenth century, S. 230-248) legt dar, dass unmoralische oder blasphemische Schriften im viktorianischen England keinen Urheberrechtsschutz genossen, weil sie als Gefahr für die soziale Ordnung angesehen wurden. Marcel Senn (Legal Education and the German historical school of law in the nineteenth century, S. 249-261) erläutert, warum die deutsche historische Rechtsschule wenig Einfluss im England des 19. Jahrhunderts hatte und spricht sich für eine Rezeption der Ziele dieser Schule in der heutigen Zeit aus. Paul Mitchell (Law and India at King's College London, S. 262-282) hebt die Bedeutung hervor, die die im 19. Jahrhundert erfolge Aufnahme des indischen Rechts in den Lehrplan für das King's College London und die vergleichende Rechtsgeschichte hatte. Ruth Paley (Dragging the law into disrepute, S. 283-304) gibt am Beispiel des gegen zwei Transvestiten am Ende des 19. Jahrhunderts angestrengten Verfahrens dezidierte Einblicke in das mit Mängeln behaftete viktorianische System der Strafverfolgung und beschreibt seine Reformierung. Stephen Waddams (What were the principles of nineteenth-century contract law?, S. 305-318) erläutert, warum die selbst gestellte Frage, die insbesondere aufgrund des Schrifttums Frederick Pollocks beleuchtet wird, nur schwer beantwortet werden kann. Andrea Loux Jarman (Urban commons: from customary use to community right on Scotland's bleaching greens, S. 319-345) argumentiert, dass die schottischen Gerichte durch die Verteidigung des Gewohnheitsrechtes, Textilien zum Bleichen und Trocknen auf Gemeinschaftsgrund auszubreiten, den Grundstein für die moderne, kapitalistische Gesellschaft legten, und zwar „by protecting the common law upon which Scotland's urban population both built their industries and took their leisure“ (S. 345).

 

Fürth                                                                                                                         Susanne Jenks