Hundert (100) Jahre Richtervereinigung. Beiträge zur juristischen Zeitgeschichte, hg. v. Helige, Barbara/Olechowski, Thomas. Linde, Wien 2007. 256 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Am 17. März 1907 schlossen sich im großen Sitzungssaal des Landesgerichts für Strafsachen in Wien Richter zur Vereinigung der österreichischen Richter zusammen. Am 23. März 2007 wurde dieses Ereignisses mit einem feierlichen Festakt gedacht. Der vorliegende Sammelband stellt aus diesem Anlass elf Beiträge rechtsgeschichtlicher Forscher unterschiedlicher Berufszugehörigkeit zusammen, die Schlaglichter auf den Weg der Vereinigung in diesen 100 Jahren werfen sollen, ohne eine Festschrift im strengen Sinn sein zu wollen.

 

Die recht unterschiedliche Themenbereiche erfassenden Beiträge sind grob chronologisch geordnet. Sie beginnen mit der Lage vor dem ersten Weltkrieg. Sie enden mit den Herausforderungen für die Justiz im 21. Jahrhundert, welche die langjährige Präsidentin der Richtervereinigung als Herausgeberin skizziert.

 

Im Einzelnen befasst sich Gerald Kohl mit der Entwicklung der richterlichen Unabhängigkeit bis 1920, während Christian Neschwara/Karin Ostrawsky und Viktor Szontagh die Richtervereinigung zwischen 1907 und 1938 beschreiben. Die Sozialgeschichte behandelt Siegfried Mattl, die Unabhängigkeit Ilse Reiter. Die Auflösung der Richtervereinigung und personelle Kontinuitäten nach 1938 (z. B. 207 Richter aus dem Dienst entfernt) und 1945 (z. B. 111 entfernte Richter wieder in den Dienst aufgenommen) untersuchen Verena Pawlowsky und Ursula Schwab, während auf die Zeit nach 1945 Thomas Olechowski, Othmar Hanke und Ernst Markel vertieft eingehen.

 

Man kann den beiden verdienstvollen Herausgebern darin zustimmen, dass die interessanten Beiträge auch ein wertvolles Stück Zeitgeschichte liefern. Sie bieten in ihrer Summe ein würdiges Geburtstagsgeschenk für die Richtervereinigung. Möge das durchaus auch kritisch angelegte, leider eines erschließenden Sachregisters entbehrende Werk eine gute Grundlage für die kommenden Jahre bilden.

 

Innsbruck                                                                                           Gerhard Köbler