Falk, Ulrich, Consilia. Studien zur Praxis der Rechtsgutachten in der frühen Neuzeit (= Rechtsprechung 22). Klostermann, Frankfurt am Main 2006. XX, 482 S. Besprochen von Dominik Westerkamp.

 

Anhand eines in einer Erbrechtsangelegenheit im Jahre 1668 beim Schöffenstuhl Jena in Auftrag gegebenen Parteigutachtens stellt der Verfasser anschaulich und detailliert die rechtsgutachtliche Praxis im 17. Jahrhundert dar. Nach einer Einführung unter anderem zur damaligen Praxis der Aktenversendung stellt er zunächst das Aufbauschema der Rechtsgutachten im usus modernus pandectarum vor.

 

Der Hauptteil der Studie ist der Untersuchung der verschiedenen Funktionen der Parteigutachten gewidmet. So konnte das bei einem Schöffenstuhl oder bei einer Juristenfakultät in Auftrag gegebene Gutachten schon vor Beginn eines Prozesses dem Anwalt und der Partei zur Information über die Rechtslage dienen. Als wichtig stellt der Verfasser insbesondere die Prozesskostenfunktion eines solchen Gutachtens heraus: wurden dem Auftraggeber nämlich gute Erfolgsaussichten bescheinigt („probabilem causam litigandi“, S. 106), musste er auch im Falle des Unterliegens im Prozess nicht die – oft gerade in Erbsachen erheblichen - Kosten des Rechtsstreits tragen. Mit einem der eigenen Sache günstigen Parteigutachten konnte der Gegner auch eher zu einem Vergleich bewegt oder eine Verfahrensbeschleunigung (etwa im Eilverfahren in Erbsachen nach gemeinem Recht, wo der Kläger ein „klares und ungezweifeltes Recht“ auf den Nachlass geltend machen musste (S. 144)) herbeigeführt werden. Schließlich konnte durch gehäufte Vorlage von Rechtsgutachten – gerade solcher von besonders angesehenen Juristenfakultäten – der Versuch unternommen werden, das erkennende Gericht im eigenen Sinne zu beeinflussen. Im weiteren Verlauf der Untersuchung geht der Verfasser dann auf die zeitgenössische Kritik an der Gutachtenpraxis ein. Als wesentliche Kritikpunkte benennt er die gelegentlich vorkommenden Selbstwidersprüche (gleiche Rechtsfragen werden von demselben Gremium unterschiedlich entschieden) und den etwa von Benedict Carpzov erhobenen Vorwurf, die Gutachtenverfasser seien „Besoldungsknechte“ und „Rechtsverderber“, da sie das Recht zugunsten ihrer Auftraggeber auslegten (S. 270f.).

 

Ein Vorwurf, der, wie der Autor mit vielen Beispielen belegt, nicht von der Hand zu weisen ist. Die umfangreiche Abhandlung, die auf einem umfassenden Quellenstudium fußt, überzeugt durch Prägnanz und gute Lesbarkeit. Dem Verfasser gelingt es, durch die Fülle des von ihm aufbereiteten Materials und anhand anschaulicher Beispiele die Rechtspraxis der damaligen Zeit aufscheinen zu lassen.

 

Kassel                                                                                                  Dominik Westerkamp