Coutumes du Tournaisis, hg. v. Dievoet, Guido van. Coutumes de Tournai et du Tournaisis Tome 2 - Costumen van Doornik en van het Doornikse Teil 2. Service public federal Justice/Federale overheidsdienst Justitie, Brüssel 2006. 335 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Mit der Veröffentlichung der coutumes du Tournaisis hat sich die Commission Royale pour la publication des Anciennes Lois et Ordonnances de Belgique seit langem befasst. Bereits 1861 veröffentlichte Ch. Faider eine Untersuchung über die coutumes de Hainaut, de Tournai et du Tournaisis, der drei Bände der Coutumes du pays et comté de Hainaut (1871-1878) folgten. 1911 ließ dem L. Verriest eine zweite Untersuchung folgen, denen er 1923 eine Edition anschloss.

 

Danach behandelte J. Gilissen 1950 die verschiedenen Redaktionen der coutumes du bailliage du Tournaisis in einer Studie in der Revue d’histoire du droit. Die Coutume de Saint-Amand war Gegenstand einer Edition und eines Kommentars H. Raviarts (1907). Die privaten Redaktionen des Gewohnheitsrechts von Saint-Amand aus dem 13. bis 15. Jahrhundert veröffentlichten E. M. Meijers und J. J. Salverda de Grave 1934.

 

Das vorliegende Werk gibt verschiedene unveröffentlichte Redaktionen der coutumes générales du bailliage du Tournaisis und örtlicher coutumes de Mortagne, de Rumes et de Forest sowie den revidierten Text der coutume de Saint-Amand wieder. Zu den bisherigen Ausgaben kommen Auszüge aus der Somme rural J. Boutilliers und eine erste Redaktion der coutumes du Tournaisis unter der Leitung A. le Roys und anderer Amtsträger des Königs von Frankreich aus dem Jahre 1503. Außerdem sind Antworten der conseillers de Tournai auf Anfragen eines Advokaten des Parlaments von Paris von 1519 beigegeben.

 

Nach der klaren Einführung des Herausgebers fand die coutume générale du Tournaisis in der gesamten bailliage de Tournai, in Tournaisis, Mortagne, Saint-Amand und in den zugehörigen Gebieten Anwendung. Die Stadt Doornik hatte eine eigene coutume. Auch in Mortagne, Saint-Amand und Rumes galten örtliche coutumes mit Abweichungen in mehreren Punkten.

 

Im Anschluss hieran beschreibt der Herausgeber die Entwicklung der Coutumes du Tournaisis und greift für die Anfänge auf Jehan Boutilliers Somme rural von 1385-1393 zurück. Danach verfolgt er das Textgeschehen sorgfältig bis in das 18. Jahrhundert. Daran schließt er eine umfassende Darstellung der Quellen aller acht aufgenommenen Redaktionen an und legt seine Editionsregeln offen.

 

Die hierauf aufbauende Edition wird jedem an den coutumes Interessierten eine große Hilfe sein können. Sie wird durch ein alphabetisches Sachregister von absent bis voir-jurés erschlossen. Am Ende erleichtert ein Inhaltsverzeichnis die Übersicht über die erfreuliche Neuerscheinung.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler