Symposion Hundert Jahre BGB – Entwicklung des Privatrechts im deutschen und mittel-osteuropäischen Sprachraum seit dem Inkrafttreten des BGB – 13.-14. Oktober 2000 Budapest, hg. v. Hamza, Gábor. Eötvös Loránd Universität – Fakultät für Staats- und Rechtswissenschaften, Budapest 2006. 140 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Gäbe es, wie für so vieles andere, auch für die Rechtsquellen der Erde eine Rangliste, so nähme das Bürgerliche Besetzbuch des Deutschen Reiches von 1896/1900 sicherlich einen vorderen Rang ein. Da Recht auch von Politik abhängig ist, hat die globale Bedeutung des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs sofort nachgelassen, als das Deutsche Reich den ersten Weltkrieg verlor. In der Folge ist das Werk außerhalb Deutschlands immer weiter in den Hintergrund getreten.

 

Deswegen muss es in der Gegenwart als ungewöhnliche Sympathiekundgebung aufgefasst werden, wenn anlässlich der hundertjährigen Geltung dieses Gesetzes im grundsätzlich nichtdeutschsprachigen Ausland ein Symposion zu Ehren dieses Textes stattfindet. Dieses Ereignis beruht auf der Zusammenarbeit der Eötvös Loránd Universität Budapest mit der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Je fünf Vorträge ungarischer Rechtswissenschaftler und deutscher Rechtswissenschaftlicher hat der Herausgeber zu einem interessanten Geschenkband vereinigt, der auf seinem Umschlag das Gebäude des Reichstags in Berlin und das Gebäude des Reichsgerichts in Leipzig kunstgerecht übereinander bzw. nebeneinander stellt.

 

Den Band eröffnet der verdienstvolle Herausgeber mit einem Beitrag zur Geschichte der Kodifikation des bürgerlichen Rechts in Ungarn, der einen ausgezeichneten Überblick aller Arbeiten bis zu dem ersten und noch heute gültigen Zivilgesetzbuch von 1959 und die gegenwärtige Neuerarbeitung bietet. László Burián (Internationales Vertragsrecht – Römisches Übereinkommen und ungarisches internationales Privatrecht), András Földi (Zur Frage der Gültigkeit und der Wirksamkeit im modernen Zivilrecht) und Gábor Hamza (András Bertalan Schwarz [1886-1953], mit einem Anhang [Schwarz, András Bertalan, Das Deutsche Bürgerliche Gesetzbuch und der Nationalsozialismus] behandeln anschließend interessante und wichtige Einzelfragen. Attila Harmathy stellt danach in einem eindrucksvollen, jedem deutschsprachigen Leser eine sonst verschlossene Welt eröffnenden Überblick die Entwicklung des ungarischen Privatrechts dar.

 

Nachfolgend untersucht Wolfgang Nörr allgemein Kodifikation und Wirtschaftsordnung im Deutschland des 19. Jahrhunderts an Hand des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs von 1861 und des Bürgerlichen Gesetzbuchs von 1896. Auf vier Einzelprobleme konzentrieren sich die weiteren Vorträge der aus Tübingen kommenden Gelehrten. Wolfgang Pöggeler behandelt den Sicherungsvertrag, Gottfried Schiemann das Deliktsrecht, Jan Schröder die Methodenlehre und Harm-Peter Westermann das Vereinsrecht.

 

Zu Beginn seines ersten Beitrags weist der Herausgeber darauf hin, dass das deutsche Rechtsdenken, insbesondere die deutsche Pandektenwissenschaft, das ungarische Rechtsdenken im privatrechtlichen Bereich maßgeblich beeinflusst hat. Es ist sehr erfreulich zu erkennen, dass dadurch auch heute noch internationale Zusammenarbeit hervorgerufen werden kann. Möge dies auch in Zukunft zum allgemeinen Nutzen so bleiben.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler