Racky, Michael, Die Diskussion über Gewaltenteilung und Gewaltentrennung im Vormärz (= Rechtshistorische Reihe 314). Lang, Frankfurt am Main 2005. 198 S. Besprochen von Louis Pahlow.

 

Die Verfassungsgeschichte des 19. Jahrhunderts, vor allem des Vormärz, ist ein schwieriges Terrain. Das gilt nicht nur für den normativen Befund der unterschiedlichen einzelstaatlichen Verfassungen (einschließlich der nicht in Kraft getretenen Entwürfe) und der Verfassung des Deutschen Bundes, sondern auch und vor allem für ideengeschichtlichen Wurzeln von Staat und Verfassung, die in dieser Zeit diskutiert wurden. Gerade im Vormärz entwickelten Juristen und Nichtjuristen eine Fülle unterschiedlicher staatstheoretischer Modelle, die der realen Verfassungspraxis oftmals nicht entsprachen und als Reformvorschläge gedacht waren. Michael Racky hat – wie schon andere vor ihm – diese staatsphilosophischen Modelle im Vormärz im Hinblick auf Gewaltenteilung und Gewaltentrennung untersucht.

 

Allerdings blendet der Autor bereits einen Großteil der Autoren und ihrer Modelle aus seiner Untersuchung aus. Racky beschränkt sich auf die Auswahl von elf Autoren, nämlich Friedrich Julius Stahl, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Romeo Maurenbrecher, Sylvester Jordan, Karl von Rotteck, Johann Christian von Aretin, Friedrich Christoph Dahlmann, Friedrich Schmitthenner, Carl Theodor Welcker, Robert von Mohl und Carl Salomo Zachariä. Andere bedeutsame Autoren wie Karl Ludwig Haller oder Karl Heinrich Ludwig Pölitz werden statt dessen bewusst ausgeklammert, u. a. mit dem Argument, „dass die Anzahl der zu untersuchenden Autoren begrenzt war“ oder dass es sich von Hause aus – z. B. bei Friedrich Murhard – nicht um einen Staatsrechtler und Juristen handelte. Ob darin das gesamte politische Spektrum des Vormärz adäquat abgebildet wird, wie der Verfasser in der Einleitung meint, erscheint fraglich; erst recht dann, wenn man die gewählten Auswahlkriterien betrachtet: Zum einen ist die Anzahl der Autoren, die sich mit staatsorganisatorischen Fragen beschäftigt haben, im Vormärz ausgesprochen groß und geht weit über die elf genannten Autoren hinaus; zum anderen dürfte es für die Analyse staatsrechtlicher Fragen allein auf den Inhalt der Quelle und nicht auf die akademische Vorbildung ihres Verfassers ankommen. Das heißt freilich nicht, dass biographische Erkenntnisse außer acht zu lassen wären, im Gegenteil: sie liefern hilfreiches Material für die Interpretation.

 

Nach einem pflichtgemäßen Überblick über die biographischen Daten der ausgewählten Autoren macht sich der Autor an die Einordnung ihrer Vorstellungen von Gewaltenteilung bzw. Gewaltentrennung in die frühkonstitutionelle Staatslehre des Vormärz. Dazu werden die ausländischen Vorbilder Englands und Amerikas ebenso einbezogen wie z. B. die Frage nach den „organischen“ Staatsauffassungen. Dabei kommt Racky nicht umhin, auch andere Stimmen für die Untersuchung heranzuziehen. Es stellt sich dann wiederum die Frage, ob die Gruppe von elf ausgewählten Autoren nicht zu kurz greift, um ein repräsentatives Bild der Diskussion abzubilden.

 

Trotz der methodischen Defizite ist es zu würdigen, dass der Autor seine gefundenen staatstheoretischen Modelle in die realen Verfassungsverhältnisse, die u. a. von Art. 57 WSA geprägt waren, einordnet. Lobenswert ist auch die Darstellung der Auswirkungen auf einzelne Fragen des Staatsrechts, wie z B. die Unabhängigkeit der Gerichte oder die Diskussion um die Ministerverantwortlichkeit. Racky hat mit seinen elf Autoren eine Systematik der Diskussion um Gewaltenteilung und Gewaltentrennung im Vormärz etabliert, die sich allerdings in der weiteren rechtshistorischen Forschung erst noch bewähren muss.

 

Bayreuth                                                                                                        Louis Pahlow