Müller, Markus, Gemeinden und Staat in der Reichsgrafschaft Sayn-Hachenburg 1652-1799 (= Beiträge zur Geschichte Nassaus und des Landes Hessen 3). Historische Kommission für Nassau, Wiesbaden 2005. X, 561 S., 37 Abb., 16 Diagramme. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Das Buch ist die von Ulf Dirlmeier betreute, 2004 vom Fachbereich 1 der Universität Siegen angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich in eine Einleitung, die Übernahme und Effektivierung des Bestehenden 1652-1705, punktuelle Innovationen im Hachenburger Hochabsolutismus 1705-1744, Reformen auf dem Prüfstein kumulierender Konflikte 1745-1799 und eine Schlussbetrachtung. Am Ende findet sich ein umfangreicher Anhang.

 

Die Burg Hachenburg im Westerwald wurde vermutlich am Ende des 12. Jahrhunderts zum Schutz einer alten Handelsstraße von den Grafen von Sayn errichtet. 1606 kam sie nach dem Erlöschen der älteren Linie der Grafen über eine Erbtochter an die stammverwandten Grafen von Sayn-Wittgenstein-Sayn. Bei deren Aussterben im Mannesstamm 1636 fiel sie nach langem Streit mit dem Erzstift Köln 1649/1652 über eine Erbtochter an die Grafen von Manderscheid-Blankenheim und umfasste um 1800 zusammen mit Sayn-Altenkirchen ein Gebiet von 5 Quadratmeilen mit 12000 Einwohnern.

 

Der Verfasser beschäftigt sich mit der Entwicklung der frühneuzeitlichen Gemeinden und ihrer Verwaltung im Zusammenhang mit der Bildung des Staates. Er untersucht seine Frage an einem bisher weitgehend unbeachtet gebliebenen Kleinstaat. Sein Ziel ist die Gewinnung eines Beitrags auf dem Weg zu einer umfassenden Behandlung der Verfassungsgeschichte und Verwaltungsgeschichte der Stände des Heiligen Römischen Reiches.

 

Nach einer ausführlichen Untersuchung gelangt er zu dem Ergebnis, dass weder Gemeinden noch Staat allein bestimmende Faktoren der Entwicklung waren. Damit lehnt er die monokausalen Erklärungsversuche sowohl Peter Blickles wie auch Volker Press’ ab. Vielmehr sieht er ein Zusammenspiel der Elemente, bei dem im 17. Jahrhundert den Gemeinden und in den ersten sieben Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts dem Staat das größere Gewicht zukam.

 

Die sorgfältige, zu vielen neuen Einzelergebnissen führende Studie kann die Grundlage für zahlreiche weitere Untersuchungen an anderen Orten oder für andere Zeiten bilden. Dazu laden auch die detaillierten Angaben in den Anhängen einschließlich des Quellen- und Literaturverzeichnisses ein. Ein Namensverzeichnis erschließt die Personen und Orte, während die einzelnen Sachgegenstände im Text selbst gesucht werden müssen.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler