Kafka, Franz, Der Proceß – Roman (1925), mit Kommentaren von Kremer, Detlef/Tenckhoff, Jörg (= Juristische Zeitgeschichte, Abteilung 6 Recht in der Kunst – Kunst im Recht 25). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2006. 247 S.

 

Wohl nur wenigen Menschen ist es zu Teil geworden, dass ihr Eigenname als Appellativum in die Allgemeinsprache aufgenommen wurde. Zu ihnen zählen etwa Mäzenas, Gaius Iulius Cäsar oder Wilhelm Conrad Röntgen. Eine vergleichbare Spur hat auch Franz Kafka im deutschen Eigenschaftswort kafkaesk hinterlassen.

 

Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwa Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet. Mit diesen Worten beginnt Franz Kafkas 1925 posthum erschienener Roman Der Proceß, der das 31. Lebensjahr der Zentralfigur Josef K. zum Gegenstand hat. Der Verhaftung folgen Gespräch mit Frau Grubach/Dann Fräulein Bürstner, Erste Untersuchung, Im leeren Sitzungssaal/Der Student/Die Kanzleien, Der Prügler, Der Onkel/Leni, Advokat/Fabrikant/Maler, Kaufmann Block/Kündigung des Advokaten, Im Dom. Am Ende legten sich die Hände des einen Herrn an K.’s Gurgel, während der andere das Messer ihm ins Herz stieß und zweimal dort drehte und K. mit brechenden Augen noch sah wie nahe vor seinem Gesicht die Herren Wange an Wange aneinandergelehnt die Entscheidungen beobachteten – „Wie ein Hund!“ sagte er, es war, als sollte die Scham ihn überleben.

 

Der am 3. Juli 1883 im damals österreichischen Prag als Sohn eines jüdischen Galanteriewarenhändlers geborene und bereits am 3. Juni 1924 in Kierling bei Wien verstorbene, sich selbst als Deutscher bezeichnende Kafka gehört zu den bedeutendsten deutschsprachigen Schriftstellern aller Zeiten. Nach der 1901 mit befriedigend am humanistischen Staatsgymnasium bestandenen Matura studierte er in Prag Chemie, Rechtswissenschaft, Germanistik und Kunstgeschichte und schloss das Studium der Rechte nach fünf Jahren mit der Pomotion ab. Wenig später begann sein Brotberuf in der Arbeiterunfallversicherungsanstalt für das Königreich Böhmen. Sein wohl bereits vor dem 15.Lebensjahr begonnenes literarische Frühwerk ist verloren, zu Lebzeiten blieb Kafka einer breiteren Öffentlichkeit unbekannt.

 

Der Titel seines bekanntesten Werkes verspricht mehr Recht als der Inhalt bietet. Dennoch betrifft das Buch Recht in der Kunst und Kunst im Recht. Deswegen ist die Aufnahme in diese Abteilung der juristischen Zeitgeschichte zu begrüßen.

 

Dem Text und zusätzlichen Fragmenten folgt ein kurzer Hinweis auf die Ausgabe. Dem schließen sich die beiden Kommentare des Literaturwissenschaftlers Kremer und des Strafrechtlers Tenckhoff an. Mit aller Hilfe wird das Kafkaeske vieler Rädchen in einem anonymen Apparat wohl allgemein begreiflicher.

 

Innsbruck                                                                                                                  Gerhard Köbler