Feenstra, Robert, Histoire du droit savant (13e-18e siècle). Doctrines et vulgarisation par incunables. Variorum Collected Studies Series CS842. Ashgate, Aldershot/Hampshire 2005. XII, 348 S. Besprochen von Gunter Wesener.

 

Feenstra, Robert, Histoire du droit savant (13e – 18e siècle). Doctrines et vulgarisation par incunables. Variorum Collected Studies Series CS842. Ashgate, Aldershot/Hampshire 2005. XII, 348 S.

 

Nach den „Fata iuris Romani. Etudes d’histoire du droit“ (Leiden 1974)[1] und den beiden Sammelbänden „Le droit savant au moyen âge et sa vulgarisation“[2] und „Legal Scholarship and Doctrines of Private Law. 13th–18th Centuries“[3] ist nunmehr erfreulicherweise eine vierte Sammlung von Aufsätzen Feenstras erschienen. Diese Sammlung umfasst dreizehn Beiträge zu Zeitschriften und Festschriften aus den Jahren 1995 bis 2002, ferner, wie üblich, „Addenda“, ein Autoren- und Quellenverzeichnis und ein Register der herangezogenen Handschriften. Die aufgenommenen Beiträge stellen eine Auswahl aus den zahlreichen, umfassenden Publikationen Feenstras in den letzten Jahren dar.

 

Die Beiträge lassen sich in zwei Gruppen gliedern. Die Beiträge No. I bis VIII behandeln Fragen der Dogmengeschichte des Privatrechts, die Beiträge No. IX bis XIII betreffen den Universitätsunterricht des ius civile, Textgeschichte, juristische Werke des 14. und 15. Jahrhunderts.

 

Angeregt durch zwei Arbeiten Artur Völkls[4] behandelt Feenstra (Beitrag No. I) nochmals[5] die Vindikation von Mobilien und das „Lösungsrecht“ von Dritterwerbern (im römischen und im westgotischen Recht, im droit coutumier in Spanien und Südfrankreich). Feenstra (S. 103) hält daran fest, dass es sich nach westgotischen Quellen (Codex Euricianus, Lex Visigothorum) um ein echtes Lösungsrecht handle und nicht um das Prinzip der Schadensteilung[6].

 

Im Beitrag No. II „Dominium utile est chimaera: Nouvelles réflexions sur le concept de propriété dans le droit savant“ setzt sich Feenstra vor allem mit dem Buch von Maximiliane Kriechbaum „Actio, ius und dominium in den Rechtsquellen des 13. und 14. Jahrhunderts“ (Ebelsbach 1996)[7] auseinander. Er betont (S. 389ff.), dass Jacques de Révigny[8] und dessen Schüler die Vorläufer der Auffassung gewesen seien, das dominium utile sei das einzig wahre Eigentum, eine Auffassung, die später insbesondere von Charles Dumoulin entwickelt wurde (S. 397).

 

Fünf Beiträge befassen sich mit Lehren des Hugo Grotius[9], mit den Anfängen von dominium, insbesondere im „Mare liberum“ (No. III), mit Enteignung und dominium eminens bei Grotius (No. IV), mit Schadenersatz und Schmerzensgeld bei den Autoren des gelehrten Rechts, des Naturrechts und des römisch-holländischen Rechts (No. VI), mit Grotius’ Lehre der Haftung für Fahrlässigkeit (No. VII) sowie mit den Quasi-Delikten bei Hugo-Grotius (No. VIII). Beitrag No. V behandelt „Foundations in Continental Law since the 12th Century: The Legal Person Concept and Trust-like Devices“.

 

Der zweite Teil, Studien zur Text- und Werkgeschichte, enthält folgende Beiträge: No. IX. Geoffroy de Salagny (1316–1374) et son commentaire sur l’Infortiat; No. X. La genèse du ‚Modus legendi abbreviaturas in utroque iure’. Editions incunables et manuscrits; No XI. La diffusion du „Modus legendi abbreviaturas in utroque iure“: Editions des XVIe et XVIIe siècles; No. XII. Deux traités notariaux du XVe siècle: l’Ars notariatus anonyme et le Doctrinale florum artis notarie d’Etienne Marcillet; No. XIII. Le Margarita legum ou Compendium ad omnes materias iuris civilis inveniendas faussement attribué à Oldrade (= Aldracus). Alle Beiträge, die sich durch äußerste Akribie auszeichnen, geben einen vorzüglichen Einblick in die Arbeitsweise mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Juristen.

 

Graz                                                                                                               Gunter Wesener



[1] Dazu R. C. van Caenegem, TRG 43 (1975) 374 f.; W. Wiegand, SZ 96 (1979) 470 f.

[2]  Collected Studies Series, CS236, London 1986; dazu Wesener, SZ 104 (1987) 862 f.

[3] Collected Studies Series, 556, Aldershot 1996; dazu P. Maffei, TRG 66 (1998) 438 f.; Wesener, SZ 115 (1998) 696 ff.

[4] Das Lösungsrecht von Lübeck und München. Ein Beitrag zur Geschichte der Fahrnisverfolgung (Wien – Köln – Weimar 1991); Der Verkauf der fremden Sache im Westgothenrecht, SZ 110 (1993) 427 ff.

[5] Vgl. Feenstra, Zum Ursprung des Lösungsrechtes beim Kauf gestohlener Sachen auf dem Markte, besonders nach einigen spanischen und südfranzösischen Quellen, in: FS G. Kisch (1955) 237 ff. [auch in: Feenstra, Fata iuris romani. Etudes d’histoire du droit (Leiden 1974) 73 ff.].

[6] Für ein solches Völkl, Das Lösungsrecht (o. Anm. 4) 75.

[7] Vgl. dazu auch die höchst positive Rezension von Feenstra, TRG 66 (1998) 418 ff.

[8] Vgl. K. Bezemer, Pierre de Belleperche. Portrait of a legal puritan (Frankfurt a. M. 2005) 23 ff.

[9] Vgl. Feenstra, Legal Scholarship (o. Anm. 3) VI – X; dazu Wesener, SZ 115 (1998) 697 f., insbes. Anm. 3.