Das Mainzer Subsidienregister für Thüringen von 1506, bearb. v. Bünz, Enno (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Thüringen, große Reihe 8). Böhlau, Köln 2005. XLV, 629 S., 4 Ill., 1 Kart. Besprochen von Alois Gerlich.

 

Die Amtszeit des nur kurz (1504-1508) regierenden Mainzer Erzbischofs Jakob von Liebenstein ist bemerkenswert durch mannigfache Anläufe zu administrativer Erfassung der Erzdiözese und der Geldbeschaffung besonders für die Palliumsteuer. Um Mittel für diese Aufgaben und Pflichten zu gewinnen, verfügte der Erzbischof eine Sammlung der meist als Subsidium Caritativum bezeichneten Abgaben des Klerus bis Martini 1506. Die Urkunden vom 28. April 1505 und für eine abermalige Steuer vom 10. August 1507 aus dem Staatsarchiv Würzburg veröffentlich Enno Bünz im Anhang (S. 383-390).

 

Erörterungen über Ursprung und Rechtsnatur solcher Abgaben wurden geprägt durch eine Studie des Mainzer Archivars Hans Knies (Zeitschrift Rechtsgeschichte, kanonistische Abteilung 19, 1930, S. 51-138). Über die Verwaltung der thüringischen Teile der Erzdiözese Mainz legte in jüngerer Zeit Georg May grundlegende Untersuchungen vor. Das Subsidienregister von 1506 wurde schon 1882 von Ulrich Stechele in unzulänglicher Art veröffentlicht. Eine Neubearbeitung wurde notwendig, die jetzt Enno Bünz, Autor vieler Abhandlungen zur thüringischen Kirchengeschichte, als „die insgesamt bestdokumentierte Klerusbesteuerung im Erzbistum Mainz im Laufe des Mittelalters“ vorlegt. Die editorische Leistung beruht auf einem Vergleich der Handschriften und Teilhandschriften in den Staatsarchiven Würzburg, Rudolstadt und Magdeburg. Als Grundlage seiner Edition nimmt Bünz die Stechele unbekannt gebliebene Würzburger Überlieferung in den Mainzer Ingrossaturbüchern und berücksichtigt Abweichungen in den anderen Fassungen. Die Anteile der an einem solchen Werk beteiligten Hände werden kenntlich gemacht. Die Geldangaben beruhen im Wesentlichen auf regionalen Währungen, dem so genannten Löwengeld und dem Schneeberger Geld. Über andere Sorten, Untereinheiten und Verrechnungen gibt der Editor Hinweise und bietet so einen Beitrag zur Geldgeschichte Thüringens und Sachsens.

 

Inhaltlich umfasst das Register die Archidiakonate Jechaburg, St. Severin-Erfurt, St. Maria-Erfurt und Oberdorla (seit 1472 Langensalza). Der Archidiakonatsbezirk Heiligenstadt, das Eichsfeld, wurde im Spätmittelalter nicht mehr zu Thüringen gerechnet und wurde daher von den Kollektoren nicht berücksichtigt. Das Register nennt die Pfarreien und kleineren Benefizien, deren Ausstattungen und die Inhaber, oft auch deren Vorgänger. Im Allgemeinen betrug der Abgabensatz 5 %. In Thüringen gab es im Spätmittelalter mehr als 1.000 Pfarreien und daneben rund 1.500 Vikarien. Diese sind von besonderem Interesse. Eine Nutznießerin der Pfründbezeichnungen (Liste S. 611-690) ist die Patrozinienforschung. Größere Anteile an den Namensnennungen besitzen die Apostel und andere in der Bibel aufgeführte Personen, an der Spitze Anna, Drei Könige, Johannes, besonders oft Maria, auch Peter und Paul. Hinzu kamen Corpus Christi, Heilig Geist und Heilig Kreuz. Ansehnliche Verbreitung fanden Bonifatius, Georg, Katharina, Laurentius, Martin und Nikolaus. Die Streulage anderer Bezeichnungen ist fast unübersehbar. Hinzuweisen ist auf die Hervorhebung der Neugründung von Vikarien, die Spiegel spätmittelalterlicher Frömmigkeit. Die Ausstattungen erbrachten überwiegend nur kleine Erträge, nennenswerte Einkünfte werden meist bei Vikarien in Städten genannt. Dort ist es zu Kumulationen gekommen, die offenbar auch Pfründen im Umland erfassten. Wer stellvertretend für die Inhaber geistliche Funktionen vornahm, wird nicht erwähnt. Man darf die Frage anfügen, wie diese Stellen und deren Einkünfte in den von der Reformation erfassten Landesteilen behandelt wurden: Diese stellten bei aller Kleinheit im Einzelnen in der Summe eine Masse von Immobilien dar, die nun anderer Nutzung (Schulwesen?, Hospitäler?, andere Verwendung?) zugeführt wurden. Doch das soll ein neues Projekt landes- und rechtsgeschichtlicher Forschung sein.

 

Wiesbaden                                                                                                  Alois Gerlich