Adventures of the Law – Proceedings of the Sixteenth British Legal History Conference Dublin 2003, hg. von Brand, Paul/Costello, Kevin/Osborough, W. N. Four Courts Press, Dublin 2005. XVIII, 331 S. Besprochen von Susanne Jenks.

 

Hinter dem plakativen Konferenzthema „Adventures of the law“ verbergen sich Beiträge, die die geographische Ausdehnung eines Rechtssystems bzw. Entwicklungen oder Neuinterpretationen des Rechts beinhalten. Die ersten vier Aufsätze beschäftigen sich mit dem Mittelalter: Roger D. Groot, der 2005 überraschend verstorben ist, argumentiert in seinem Beitrag „Isolt’s trial and ordeal: a legal-historical analysis“ (S. 1-18), dass die Zusätze (zweideutiger Eid und Feuerordal) und Veränderungen (Verzicht auf den Augenzeugen des Ehebruchs, Abschwächung der Beweiskraft der Indizien), die Thomas of Britain an der um 1150 in Frankreich existierenden Erzählung (estoire) von Tristan und Isolde vorgenommen hat, darauf hindeuten, dass Thomas Zugang zum Hof Heinrichs II. von England hatte. Er muss zudem fundierte Rechtskenntnisse gehabt haben, weil die Erzählung so verändert wurde, dass sich Eid und Gottesurteil logisch einfügen. Groot glaubt, dass Thomas Zweifel an Ordalen wecken wollte, und vermutet daher, dass diese Version der Erzählung um 1166 (statt 1155-70) entstand und somit mit der Assize of Clarendon zusammenfiel, die ebenfalls - so Groot - die Beweiskraft von Gottesurteilen in Frage stellte. Doch hätte dies nicht effektiver bewerkstelligt werden können, wenn Isolde mit einer Lüge davon gekommen wäre? Man könnte daher meines Erachtens auch argumentieren, dass Thomas erklären wollte, wieso Fehlurteile zustande kamen, obwohl das Ordal an sich seiner Aufgabe gerecht wurde. Schließlich rechnete selbst Isolde mit der Aufdeckung eines Meineides und griff nur deshalb zu einer List. Da die bei Ordalen gelegentlich gefällten Fehlurteile auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen waren und keinesfalls auf göttliche Versäumnisse, war es gerechtfertigt, Personen, die ein Gottesurteil bestanden hatten, des Landes zu verweisen, wie in der Assize of Clarendon geschehen. Allerdings wäre auch denkbar, dass die von Thomas in der Geschichte vorgenommenen Änderungen keinen juristischen, sondern vielmehr einen dramaturgischen Hintergrund hatten, denn schließlich wurde Isolde in seiner Version zu einem aktiv handelnden Part und war nicht auf eine passive Rolle beschränkt. Dafydd Jenkins (Borrowings in the Welsh lawbooks, S. 19-39) gibt einen Überblick über angelsächsische und anglo-normannische Lehnwörter, die in den walisischen Rechtsbüchern zu finden sind. Paul Brand (The use and adaptation of the action of replevin in Ireland during the reign of Edward I, S. 40-53) behandelt die ‚action of replevin’ (ein juristisches Mittel, um zu Unrecht beschlagnahmtes Gut zurückzufordern) in Irland in der Regierungszeit Edwards I. (1272-1307) und zeigt Parallelen und Unterschiede zur Entwicklung in England auf. Er zieht den Schluss, dass man von einem echten Irish Common Law sprechen kann, also nicht lediglich von einer irischen Version des englischen Common Law. Frederik Pedersen (The Danes and the marriage break-up of Philip II of France, S. 54-69) beschreibt am Beispiel der unglücklich verlaufenden Ehe zwischen Ingeborg und Philip II. die Grenzen des kirchlichen Eherechts im Mittelalter. Obwohl das Recht allem Anschein nach auf Ingeborgs Seite war, konnte sie es nicht durchsetzen, auch nicht mit Hilfe von Innozenz III., der sich den Gegebenheiten der Politik beugen musste. W. D. H. Sellar (Birlaw courts and birleymen, S. 70-87) widmet sich einer aus England (Danelaw) nach Schottland gekommenen Institution, die dort mindestens seit dem frühen 14. Jahrundert nachzuweisen ist, aber in der Literatur bislang wenig Beachtung fand, was wohl auf die spärliche Quellenlage zurückzuführen ist. Mit der geschichtlichen Entwicklung von Einreden (insbesondere mit dem Zeitpunkt, wann sie vorzubringen waren) in den Niederlanden unter Berücksichtigung der Einflüsse anderer Rechtsbereiche befasst sich C. H. van Rhee in seinem Beitrag über „The role of exceptions in Continental civil procedure“ (S. 88-105). Der zeitliche Rahmen (von Gaius bis in die jüngste Zeit) ist dabei weit gespannt. Kevin Costello (Sir William Perry and the Court of Admiralty in Restoration Ireland, S. 106-138) stellt das irische Admiralitätsgericht zur Zeit des weitgehend glücklosen Richters William Petty (Juli 1676-August 1683) vor. Daniel M. Klerman und Paul G. Mahoney (The value of judicial independence: evidence from eighteenth-century England, S. 139-160) belegen anhand einer statistischen Untersuchung, dass sich die im 18. Jahrhundert in England vorgenommenen Reformen, die Justiz unabhängiger zu machen (Erhöhung der Gehälter der Richter und Ernennung auf Lebenszeit), positiv auf den Aktienmarkt auswirkten. Julie Evans (The rule of law in the settler-colonial encounter: the case of Western Australia, S. 161-176) beschreibt die im 19. Jahrhundert zu beobachtende Abkehr von dem Prinzip, dass alle Untertanen des Britischen Empires einem einzigen Recht unterstellt sind und betont die Bedeutung des Kolonialismus für die „rule of law“, „one of the central underlying ideologies of English liberalism“. David V. Williams (Indigenous customary rights and the common law in Aotearoa New Zealand, S. 177-198) behandelt die Rolle des Gewohnheitsrechts der Ureinwohner Neuseelands (tikanga Maori) in der damaligen englischen Kolonie. Aus dem Zusammenspiel von altem Gewohnheitsrecht und neuem Recht der Kolonialherren entwickelte sich ein spezielles New Zealand Common Law. N. M. Dawson (Colourful adventures of the law: legal regulation of colour as sign from heraldy to trade mark law, S. 199-218) erläutert die Bedeutung von Farbe in der Heraldik, den Luxusgesetzen (sumptuary laws) und für Handelsmarken und kommt zu dem Schluss, dass es keine historische Rechtfertigung für „a policy of registration of trade marks consisting of colour alone“ gibt. Richard W. Ireland (Charles Hunt’s haircut: getting down to the roots of a legal adventure, S. 219-233) nimmt den Disput zwischen der Gefängnisverwaltung des Carmarthen Gaols und einigen Gefangenen über zwangsweise durchgeführte Haarschnitte im Jahr 1846 zum Anlass, auf den Beitrag von Gefangenen zur Anerkennung der Rechte von Inhaftierten im 19. Jahrhundert hinzuweisen. Thomas Krause (The influence of Sir Walter Crofton’s ,Irish system’ on prison reform in Germany, S. 234-245) beschreibt den Einfluss der von Walter Crofton (1815-1897) entwickelten Reformen, insbesondere des offenen Strafvollzugs, auf die Gefängnislandschaft in Deutschland. Russell K. Osgood (Law in early Iowa: one adventure, S. 246-266) untersucht die Übernahme des Common Law in Iowa in der Zeit von 1838 bis 1860. Joshua Getzler und Mike MacNair (The firm as an entity before the Companies Acts, S. 267-288) argumentieren, dass Billigkeitsgerichte wie das Kanzleigericht den Weg für die spätere Entwicklung ebneten: "they created a concept of firms as real entities that may have facilitated the later invention of general incorporation" (S. 288). Colum Kenny (Adventures in training – the Irish genesis of the ,remarkable and far-sighted’ Select Committee on Legal Education, 1846, S. 289-300) erläutert die Geschichte der von Tristram Kennedy und Thomas Wyse ins Leben gerufenen Kommission, die großen Einfluss auf die Juristenausbildung in Irland und Großbritannien hatte. Richard Whiting (Politics, law and work in modern Britain: the 1965 Redundancy Payments Act, S. 301-318) beschäftigt sich mit den ersten vier Jahre nach dem von der Labour Regierung 1965 eingeführten Recht auf Abfindung bei Kündigungen und untersucht die politische und soziale Dimension dieses Gesetzes. Peter Spiller (An adventure of the law: the Spanish Champagne case, S. 319-331) untersucht den Fall „J. Bollinger and Others v. Costa Brava Wine Co. Ltd.“ und die Auswirkungen, die dieser Fall in England und dem Commonwealth hatte. Der Band vermittelt interessante Einblicke in die Fassetten rechtshistorischer Studien in der anglo-amerikanischen Welt.

 

Fürth                                                                                                                         Susanne Jenks