Adler, Benjamin, Die Entstehung der direkten Demokratie. Das Beispiel der Landsgemeinde Schwyz 1789-1866. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2006. 358 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Schweiz gilt als bestes Beispiel unmittelbarer Demokratie. Namengebend für die Schweiz ist ihr um 730 als Ort einer Kirche erstmals erwähnter Urkanton Schwyz. Deshalb ist die Entstehung der direkten Demokratie am Beispiel der Landsgemeinde Schwyz 1789-1866 eine lohnende, dem Verfasser mittelbar von Peter Blickle empfohlene Aufgabe.

 

In seiner kurzen Einleitung beschreibt der Verfasser die beiden Ansätze der Erklärung der direkten Demokratie der Schweiz. Nach der einen Ansicht beruht die direkte Demokratie auf einer ununterbrochenen innerschweizerischen Entwicklung, nach der anderen ist sie nach der französischen Revolution neu entstanden. Beide Erklärungsversuche greifen nach Ansicht des Verfassers methodisch und inhaltlich zu kurz, weil in Wahrheit eine Verschmelzung beider Wurzeln vorliege.

 

Um dies überzeugend darzulegen, beginnt der Verfasser mit einem kurzen Überblick über den Kanton Schwyz zwischen 1789 und 1866, in dem er Geschichte, Wirtschaft, Gesellschaft und Verfassung abbildet. Danach konzentriert er sich auf die Jahre 1797/1798, in denen die Konfrontation zwischen dem hergebrachten politischen Selbstverständnis der Urdemokratie Europas und der fremdem Freiheitsideologie beginnt. Zwischen 1830 und 1838 erkennt er den Kampf um die Gleichstellung, dem zwischen 1848 und 1866 ein neues Gleichgewicht folgt.

 

Auf diesem Weg arbeitet der Verfasser die alte Freiheit von Schwyz als auf Ungleichheit beruhende Freiheit der Landleute von Schwyz im Gegensatz zu der Stellung der übrigen Bewohner als Untertanen der Landsgemeinde heraus. Sprachlich sei zwar 1798 eine Angleichung an die Begrifflichkeit der Aufklärung und der französischen Revolution erfolgt, inhaltlich seien aber die ehemaligen Untertanen von der politischen Mitsprache weitgehend ausgeschlossen geblieben, so dass sie 1814 wieder dem Willen der alten Herren unterworfen gewesen seien. Erst 1848 hätten sich die liberalen Kräfte dauerhaft durchsetzen können, die seit Beginn der 1830er Jahre die hergebrachten versammlungsdemokratischen Elemente mit den liberal-repräsentativen Ideen der französischen Revolution verbunden hätten.

 

An die im Ausblick Schwyz zum Modell für die folgende Entwicklung in der Schweiz erhebende Arbeit des Verfassers schließt sich ein umfangreiches Nachwort des Doktorvaters Andreas Suter über direkte Demokratie – historische Reflexionen zur aktuellen Debatte an. Danach folgen die fast 1000 Fußnoten. Eine Bibliografie, ein Nachweis der 28 mittig eingebundenen Abbildungen und ein knappes Register der Orte, Personen und Sachbegriffe schließen die interessante, zu weiterer Erörterung einladende Arbeit ab.

 

Innsbruck                                                                                                                              Gerhard Köbler