Shirley, Kevin L., The Secular Jurisdiction of Monasteries in Anglo-Norman and Angevin England (= Studies in the History of Medieval Religion 21). Boydell & Brewer, Woodbridge/Suffolk 2004. XI, 184 S.

 

Alle 16 Bistümer und 24 Ordenshäuser, die nach der normannischen Eroberung Englands im Jahre 1066 direkte Lehnsträger der Krone waren, hatten die Pflicht und das Recht, Streitigkeiten mit und unter Hintersassen (tenants) im eigenen ‚honour court’ zu regeln. Im Jahre 1170 wurde ihnen zudem die Verpflichtung auferlegt, militärische Dienste abzuleisten (servitia debita), was dazu führte, dass Ritter mit Kirchenland belehnt wurden, um im Gegenzug die von der Abtei geforderten Militärdienste abzuleisten. Konflikte, die im Rahmen dieser Lehnsverpflichtung entstanden, wurden ebenfalls in diesem speziellen Gericht gehört.

 

Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit dem ‚honour court’ der (Benediktiner-)Klöster, der von der Forschung bislang vernachlässigt wurde, die sich vornehmlich auf die - besser dokumentierten - Bistümer konzentrierte. Der Verfasser hat zwei Anliegen: Er will zunächst den Aufbau und die Arbeitsweise dieses Gerichts erläutern, das erstmals im frühen 12. Jahrhundert nachzuweisen ist, und sich dann mit den Auswirkungen der Rechtsreformen Heinrichs II. auf dieses Gericht beschäftigen. Quellengrundlage sind Chroniken, Urkunden und Gerichtsprotokolle, die alle in gedruckter Form vorliegen. Hinweise auf die drei in der Bibliographie erwähnten Handschriften habe ich in den Fußnoten nicht finden können.

 

Das erste Kapitel erläutert, wer an den Gerichtssitzungen teilnehmen musste, wo sie stattfanden, worum es in den Prozessen hauptsächlich ging und welche Beweismittel zugelassen wurden, und dass am Ende der Auseinandersetzungen meistens ein Kompromiss stand. Dies veranlasst den Autor zu einem kurzen Exkurs über die Rolle von Kompromissen in Rechtsstreitigkeiten des 12. und 13. Jahrhunderts, wobei er auf Beispiele aus Frankreich zurückgreift, obwohl Literatur zu England zu diesem Thema zur Verfügung steht (Daniel Klerman, Settlement and the Decline of Private Prosecution in Thirteenth-Century England, in Law and History Review 19, 2001, S. 1-65; Paul R. Hyams, Rancor and Reconciliation in Medieval England, 2003). Dieses Kapitel über den ‚Monastic honour court’ ist sehr allgemein gefasst, was vermutlich auf die dürftige Quellenlage zurückzuführen ist.

 

In den folgenden Kapiteln wird der ‚honour court’ nur noch indirekt behandelt. Im Mittelpunkt stehen vielmehr Streitigkeiten, die vor dem County Court (Kap. 2) beziehungsweise der Curia Regis (Kap. 3-6) verhandelt wurden und an denen Klöster als Partei beteiligt waren, und es werden Rückschlüsse auf den Stellenwert des ‚honour courts’ gezogen. Wenn zum Beispiel kleinere Vasallen den County Court anriefen, dann stellt dies nach Shirley die Stenton-Milsom These eines autonomen ‚honour courts’ in Frage, der fähig war, aufmüpfige Lehnsleute zu disziplinieren. Wenn Klöster sich selbst an den County Court wandten, wird dies als Beleg für die Unfähigkeit der ‚honour courts’ gewertet, Probleme eigenständig zu lösen. Die Klöster suchten nicht nur die Hilfe der weltlichen Macht, die Krone spielte sogar eine aktive Rolle „in securing justice for the Benedictine monasteries’ (S. 50). Auch die (zahlreicheren) Beispiele aus der Curia Regis zeigen, dass der König den Klöstern zur Hilfe eilte, entweder durch die Ausgabe schriftlicher Befehle an Vasallen der Klöster, ihre Verpflichtungen zu erfüllen, oder in der Funktion eines Streitschlichters. Die Rechtsreformen Heinrichs II., auf die im Einzelnen eingegangen wird, leiteten dann jedoch den langsamen Verfall des ‚honour court’ ein, nicht nur weil Klägern nun eine leicht zugängliche Alternative angeboten wurde oder die Beweislast auf den Lehnsherrn überging, sondern auch weil sich die Äbte nicht mehr der uneingeschränkten königlichen Unterstützung sicher sein konnten, zumal weder Heinrich II. noch seine Nachfolger Richard oder John die Benediktiner in vornehmlichem Maße unterstützten.

 

Das Schlusskapitel (Kap. 6) gibt einen kurzen Ausblick auf die Zeit Heinrichs III., als die Klöster versuchten, ihre Gerichte neu zu beleben. Damit endet das Buch leider genau zu einem Zeitpunkt, an dem es noch einmal spannend zu werden scheint.

 

Zusammenfassend ist zu sagen, dass sich der Autor weniger mit der Arbeitsweise des ‚honour courts’ beschäftigt als mit der Widerlegung der Stenton-Milsom These, was vermutlich an der Art der Quellen liegt, die keine tieferen Einblicke in dieses Gericht gewähren.

 

London                                                                                                                      Susanne Jenks