Montanos Ferrin, Emma, España en la configuración histórico-jurídica de Europa, 3 Bände (= I libri di Erice 19). Cigno Galileo Galilei, Rom 1997, 1999, 2002.

 

Eine spanische Rechtsgeschichte zu schreiben ist eine Aufgabe, die sich vielfältigen Schwierigkeiten ausgesetzt sieht. Zum einen umfasst die spanische Geschichte eine Periode arabisch-muslimischer Herrschaft, deren Erfassung allein schon sprachlich besondere Probleme bereitet. Zum anderen zerfiel Spanien bis zur Personalunion unter den katholischen Majestäten in verschiedene getrennte Königreiche; auch nachher hielten sich in den Territorien unterschiedliche Institutionen und Rechte. Derselbe Begriff kann daher in den verschiedenen Territorien und Zeiten verschiedene Bedeutungen haben, die gleichlautende Amtsbezeichnung kann ganz unterschiedliche Kompetenzen verschleiern.

 

Umso wichtiger ist die Entscheidung, was wie zu schreiben ist. Emma Montanos Ferrin leitet die Epochen immer mit einer ganz überblickartig gefassten Beschreibung der politischen Geschichte ein. So erhält man leichter den Zugang zur Materie. In gewissem Maße werden auch wesentliche dogmatische Erneuerungsbewegungen wie vor allem die Ausbreitung des ius commune oder die Spätscholastik, auch soweit sie sich außerhalb der spanischen Halbinsel entwickelte, behandelt. Im Wesentlichen ist das umfangreiche, dreibändige Werk hingegen der Geschichte der Justiz, Verwaltung und Regierung der spanischen Territorien gewidmet. Es handelt sich also im Wesentlichen um eine großangelegte spanische Institutionengeschichte. Die Entwicklung spanischer Gesetzgebung wird mitbehandelt, die Entwicklung des Zivil-, Strafrechts usw. hingegen ausgelassen.

 

Das Werk ist dreigeteilt: Der erste Band ist dem „sistema seňoral“ gewidmet, der zweite dem „sistema del derecho commun“ und der dritte dem „sistema del estado“. Gegliedert wird damit weniger nach dogmatisch zusammenhängenden dogmatischen Systemen als nach historischen Abschnitten. Zunächst wird die Zeit nach dem römischen Reich bis zum 12. Jahrhundert beschrieben, dann das 12. bis zum 15. Jahrhundert, schließlich die Periode bis 1800. Besonders einleuchtend dabei ist die Trennung vor 1500, denn mit der Verschmelzung der spanischen Territorien durch die katholischen Majestäten wurde tatsächlich eine systematische Erneuerung der staatlichen Institutionen betrieben.

 

Geleistet wird eine umfassende, an Detailreichtum kaum zu überbietende Darstellung, die wirklich von der Justiz bis zur Steuerverwaltung alle Bereiche der öffentlichen Ämter erfasst. Aus der Perspektive des ius commune freut man sich vor allem über die Berücksichtigung der Kirchenväter, besonders des Isidor von Sevilla. Spanien wird auf diese Weise bereits im ersten Abschnitt deutlich als Teilnehmer, aktiv wie passiv, der europäischen Rechtsentwicklung vorgestellt. Besonders deutlich wird dies im zweiten Band, obgleich sich sicherlich darüber hinaus noch wesentlich mehr Querverbindungen ziehen ließen. So erfolgte die Einrichtung der Intendanten unter dem Bourbonen sicherlich nach dem bedeutenden französischen Vorbild. Die europäische Perspektive tut dem Werk gut, um die Spezifika Spaniens besser zu erfassen. Aber das Werk reicht weit über den europäischen Zusammenhang hinaus, einerseits aufgrund der arabischen Perioden, andererseits vor allem wegen der Berücksichtigung der Rechtseinrichtungen in den Iudias. So wird aus diesem Werk auch eine Institutionengeschichte der ersten Jahrhunderte Lateinamerikas.

 

Zu wünschen wäre dieser großen Gesamtdarstellung einzig ein Index. So würden die Bücher im Reichtum ihrer Aspekte nicht nur leichter nutzbar, sondern es würde auch deutlicher, was diese umfassende Institutionengeschichte wirklich ist, häufig eine Enzyklopädie der spanischen Istitutionen in allen Territorien.

 

Bonn                                                                                                  Mathias Schmoeckel