Maltschew, Reni, Der Rückerwerb eigener Aktien in der Weltwirtschaftskrise 1929-1931. Eine Untersuchung zu den Hintergründen und Zielen der Notverordnung des Reichspräsidenten vom 19. September 1931 (= Schriften zur Rechtsgeschichte 115). Duncker & Humblot, Berlin 2004. 185 S.

 

In den USA ist der Rückerwerb von Aktien als probates Mittel zur Stützung von Aktienkursen in Krisenzeiten anerkannt. Anders ist es nach § 57 I 1 AktG bzw. § 71 I AktG (der gesetzliche Anknüpfungspunkt ist streitig), die im Prinzip den Rückerwerb untersagen und nur ausnahmsweise zulassen. Jürgen Oechsler, der diese Materie im Münchener Kommentar zum Aktiengesetz bearbeitet hat, hat die hier zu besprechende Potsdamer Doktordissertation betreut. Die Verfasserin geht von der These aus, die unterschiedliche Behandlung des Rückerwerbs in den angesprochenen Rechtsordnungen beruhe auf disparater historischer Erfahrung, wobei hier jedoch nur die deutsche Seite behandelt wird (S. 15). Gerade im Zusammenhang der hiesigen Diskussion um eine Zurückdrängung des Rückerwerbsverbots sei, so meint Maltschew, eine klare rechtshistorische Grundlage wünschenswert.

 

Zu diesem Zweck behandelt sie zunächst die innenpolitischen und wirtschaftsgeschichtlichen „Rahmenbedingungen“ der Notverordnung vom 19. 9. 1931, auf die das Verbot des Rückerwerbs zurückgeht. Die außenpolitischen Zusammenhänge bleiben jedoch außer Betracht. Sicherlich sind die steigende Arbeitslosigkeit und die Zunahme des politischen Extremismus markante Punkte der späten Weimarer Zeit. Möchte man wie die Verfasserin die zuletzt erwähnte Tatsache mit dem Wahlerfolg der NSDAP am 14. 9. 1930 begründen (S. 20), so wäre es allerdings angebracht, nicht die Sitzverteilung im Reichstag zu betrachten, sondern die Erfolge bei den abgegebenen gültigen Stimmen, weil erst diese etwas über die tatsächlichen Mobilisierungserfolge der NSDAP innerhalb der wahlberechtigten Bevölkerung auszusagen vermögen. Bei der Reichstagswahl vom 14. September 1930 hatte die NSDAP die Zahl ihrer Wähler von ca. 810.000 auf mehr als 6,4 Mio. (von insgesamt ca. 43 Mio. Wahlberechtigten) gegenüber der vorangegangenen Reichstagswahl ungefähr verachtfachen können. Zweifelhaft ist es, die Notverordnungspolitik Brünings pauschal mit einem katholischen Hintergrund erklären zu wollen (S. 19), wenn man zugleich auch an Politiker wie Adenauer denkt. In diesem Zusammenhang sei nur an die Studie Rudolf Morseys von 1996 (Brüning und Adenauer. Zwei Wege deutscher Politik im 20. Jahrhundert - eine Forschungsbilanz nach 25 Jahren) erinnert. Als wirtschaftsgeschichtlichen Hintergrund zeichnet die Autorin die wichtigsten Daten der Weltwirtschaftskrise seit dem Börsenkrach vom 25. 10. 1929 nach. Richtigerweise nimmt sie dazu vorwiegend die Perspektive der 1930er-Jahre ein, da sie die Motivation der Notverordnung von 1931 aufklären möchte. Diese Zeitebene wird allerdings nicht immer ganz klar herausgearbeitet. Ob die damaligen Erklärungsmuster in den Augen der heutigen Volkswirtschaftslehre richtig waren, spielt für die Entstehung der Notverordnung keine Rolle und durfte daher unberücksichtigt bleiben. Dieser Umstand hätte durchaus hervorgehoben werden können. Als Ursachen der Weltwirtschaftskrise erscheinen danach: (1) Konzentration des Kapitals in den Industrieländern, (2) Goldknappheit (freilich auch damals sehr streitig), (3) Überproduktion in der Landwirtschaft verbunden mit weltweiter Subventionierung und künstlicher Preisstabilisierung, (4) Bankenkrise in Deutschland. Die Banken litten oftmals an zu großen Beteiligungen, die auch noch durch unrentierliche Kredite künstlich erhalten wurden (z. B. Nordwolle und Danatbank). Es folgt bei Maltschew ein faktengesättigter Überblick über die Aktienrückkäufe, zunächst der Banken, die in größtem Umfang (bis zu 64%) ihre eigenen Anteile aufkauften, dann aber auch der Industrieunternehmen (S. 28-44). In der Depression schien eine Investition freien Kapitals in neue Anlagen o. ä. unsinnig. Der Reduktion der Produktion sollte auch eine Reduktion des Aktienkapitals entsprechen. Während die Banken durch die Rückkäufe ihre Kurse stützen wollten, verfolgten die Industrieunternehmen drei andere Ziele: (1) Vor allem bezweckten sie eine unkomplizierte und schnelle Herabsetzung des Kapitals (S. 32; zu deren wirtschaftlichem Sinn S. 124 und 132ff.). Dabei nahmen die Unternehmen eine Gefährdung der Gesellschaftsgläubiger in Kauf, weil sie die Aktien unter pari zurückkauften, in den Bilanzen aber anschließend den Nennwert berechneten, ohne einen entsprechenden Betrag als Rücklage unter den Passiva einzustellen. Das glaubte man damals verantworten zu können, weil man die Krise für kurzfristig hielt. (2) Die Unternehmen verbanden mit den Rückkäufen zudem Hoffnungen auf Spekulationsgewinne mit eigenen Aktien. (3) Schließlich sollten durch den Rückerwerb eigener Aktien die Dividenden verbessert werden, weil man nach damals verbreiteter Auffassung die eigenen Anteile bei der Ausschüttung der Gewinne nicht berücksichtigen musste. Diese drei Hauptmotive schildert Maltschew anhand von sieben Beispielen aus der Industrie, die sie für repräsentativ hält (Frankfurter Allgemeine Versicherungs-AG, I. G. Farbenindustrie, Schultheiss-Patzenhofer AG, Daimler-Benz AG, Zuckerfabrik Glauzig AG, Rütgerswerke AG, Th. Goldschmidt AG). Im Ergebnis waren danach die Aktienrückkäufe für die Zusammenbrüche nicht, jedenfalls nicht vorwiegend verantwortlich.

 

Neben die wirtschaftsgeschichtlichen Rahmenbedingungen stellt die Verfasserin die Entwicklung der rechtlichen Bewertung des Rückerwerbs eigener Aktien seit dem Inkrafttreten des ADHGB 1861, das für diesen Fall freilich noch keine Regelung kannte. Schon unter dem Eindruck des Spekulationsfiebers an der Wiener Börse vor 1870 tauchten rechtliche Einwände gegen den Aktienrückkauf auf: (1) Der Rückkauf verschleiere die Aussage des Handelsregisters über das vorhandene Grundkapital, umgehe (2) die Vorschriften für die Kapitalherabsetzung und bevorzuge (3) ohne Rechtfertigung die verkaufenden Aktionäre gegenüber den Gesellschaftsgläubigern. Mit Recht interpretiert die Verfasserin die rechtliche Entwicklung als „mühevolle Suche nach einem Kompromiss, der allen schutzwürdigen Interessen gerecht werden“ sollte (S. 45). Die gegenläufigen Interessen waren dabei einerseits die wirtschaftlichen Notwendigkeiten einer Kapitalherabsetzung, andererseits die Interessen der Gläubiger daran, Mitnahmeeffekte der Unternehmen auf ihre Kosten zu verhindern.

 

Art. 215 Abs. 3 ADHGB in der Fassung 11. Juni 1870 (BGBl. I, 375/381) verbot kategorisch den Rückerwerb eigener Aktien, einerseits zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger, weil er einer Einlagenrückgewähr gleichkomme, andererseits, weil es dogmatisch kaum begründbar erschien, dass eine Gesellschaft gleichsam sich selbst gehöre. In Literatur und Rechtsprechung wurde aber kritisiert, das praktische Bedürfnis einer schnellen Kapitalherabsetzung verlange die Streichung des Verbots. Die Aktienrechtsnovelle vom 18. Juli 1884 (Art. 215d ADHGB, RGBl. I, 123/155) lockerte das Verbot, insbesondere für die Fälle einer Einkaufskommission, die kein wirtschaftliches Risiko des Unternehmens darstellte. Keine sachliche Änderung brachte § 226 HGB (RGBl. I, 219/271), der seit 1897 den Rückerwerb eigener Aktien regelte (S. 53). Das Rückkaufverbot wurde meistens eng ausgelegt, so dass die Unternehmen z. B. zur Stützung der Aktienkurse eigene Aktien aufkaufen durften. Der Entwurf eines Aktiengesetzes von 1930 sollte an der normativen Grundlage nicht viel ändern. Geplant war lediglich eine Erstreckung des Rückkaufverbotes des § 226 HGB auf die Tochtergesellschaften, um die Umgehungsmöglichkeiten im Konzern einzudämmen.

 

Nach einer übersichtlichen tabellarischen Zusammenfassung der rechtlichen Vorgeschichte (S. 60) folgt in Teil C (S. 61-107) die engere Entstehungsgeschichte der Notverordnung vom 19. September 1931, die Maltschew unter Berücksichtigung insbesondere der Akten der Reichskanzlei detailliert rekonstruiert hat. Sehr positiv ist zu bewerten, dass es der Verfasserin gelungen ist, hierbei die wirtschaftsgeschichtlichen Daten mit den rechtlichen Überlegungen zu verbinden, wozu die Quellen auch geradezu drängten. Erst die wirtschaftlichen Ereignisse des Jahres 1931 (insbesondere die Fälle Nordwolle AG, Danatbank und Rudolph Karstadt AG) lassen die Anliegen des Notverordnungsgebers erklärlich erscheinen. Der vermehrte Rückkauf eigener Aktien in der Krise und dessen Behandlung in den Bilanzen (z. B. der bei der Deutschen Bank, vgl. S. 62f.) hatte zur Forderung nach einer präziseren Fassung von § 226 HGB geführt. Seit Dezember 1930 wurde der Entwurf des Aktiengesetzes beraten. Mit den seit 1870 bekannten Argumenten stritt man auch über die Behandlung des Aktienrückkaufs, den die preußischen Ministerien befürworteten, während die Reichsministerien und Bayern eine Liberalisierung ablehnten - mit dem Argument, die Abschaffung der Vorratsaktien sei ansonsten unsinnig, weil sich die Gesellschaft dann im Nachhinein einen Vorrat durch Rückkäufe anlegen könne. Die Reichsregierung erwog bereits im Juni 1931 eine Durchführung der Aktienreform im Wege der Notverordnung, konnte sich aber angesichts der Tragweite einer solchen „Gesamtlösung“ nicht dazu entschließen, sondern entwickelte nur einen Änderungsvorschlag zu § 226 HGB (§§ 56, 57 des Entwurfs vom 27.7.1931, vgl. S. 71f.). Die dort vorgesehenen Einschränkungen des Rückerwerbs sollten auch für die „abhängigen Gesellschaften“ gelten (§ 226 IV HGB), was unverändert Eingang in die Notverordnung fand. Damit hatte nun der seit längerem in der Wissenschaft entwickelte Konzern auch im Gesetz Ausdruck gefunden. Allgemeines Aufsehen erregte dann der Zusammenbruch der Nordwolle AG, der unter anderem auch auf den massenhaften Rückkauf eigener Aktien zurückgeführt wurde, wodurch das haftende Kapital stark reduziert worden war. Die Hausbank von Nordwolle, die Danatbank, geriet in den Sog der Krise und schloss am 13. Juli 1931 die Schalter. Schon nach dem Zusammenbruch der Wiener Creditanstalt im Mai 1931 war ein Run in- und ausländischer Gläubiger auf die deutschen Banken die Folge. Am 14. und 15. Juli 1931 blieben sämtliche deutschen Banken geschlossen. Diese Ereignisse veranlassten die Reichsregierung, nun möglichst bald eine Reform des Aktienrechts in die Wege zu leiten, wobei man unsicher darüber war, ob eine Notverordnung geeignet und eine Teilreform sinnvoll sei. Zu beidem entschloss sich der Reichskanzler Anfang September 1931. Der Entwurf der Notverordnung schränkte gegenüber den früheren Reformentwürfen die Zulässigkeit des Rückerwerbs weiter ein. Nun sollte er nur zur Abwendung eines „schweren“ Schadens im Unterschied zur „normalen Kurspflege“ und nur zu einem Gesamtbetrag von 10% des Aktiennennwertes erlaubt sein. Das Kabinett beschloss die Notverordnung am 14. September 1931, anschließend wurde der Text noch einmal redigiert und ohne weitere Beratung am 19. September 1931 publiziert (RGBl I, 493ff., hier S. 108f.). Maltschew erörtert eingehend, ob denn die Notverordnung überhaupt verfassungsgemäß gewesen sei, da die Ausweitung des § 226 HGB auf den Erwerb im Wege mittelbarer Stellvertretung (der Fall Nordwolle AG lieferte das Anschauungsmaterial) und auch die Gleichstellung der Übernahme einer Kursgarantie mit einem Rückerwerb (im Fall der Rudolph Karstadt AG 1931 ein praktisches Problem, S. 103-106) dem Kabinett möglicherweise nicht bekannt gewesen sei. Malteschew kommt zu dem überzeugenden Ergebnis, dass die Notverordnung vor allem als Reaktion auf die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung und die spektakulären Missstände bei Favag, Nordwolle, Danatbank und Karstadt zurückzuführen sei. § 226 HGB in der Fassung der Notverordnung sei eine „ad-hoc-Reaktion“ gewesen. Knut Wolfgang Nörr (ZHR 1986, S. 155-181, hier S. 181) hat demgegenüber die Auffassung vertreten, dass die Krise nur den Erlass der Bestimmungen beschleunigt habe. Zwar war eine Änderung des § 226 HGB schon vor der Krise geplant gewesen. Form und Zeitpunkt waren aber doch eine „Krisenreaktion“. Dafür spricht auch der Umstand, dass die Entwürfe aus dem Jahr 1931 nicht öffentlich diskutiert worden waren.

 

Im vierten Teil der Arbeit behandelt Maltschew den Inhalt von § 226 HGB in der Fassung der Notverordnung (S. 108-144). Zunächst betrachtet sie „gelöste und ungelöste Probleme“, vor allem das Verhältnis von § 226 zu § 213 HGB (Verbot der Einlagenrückgewähr, vgl. später § 57 I 1 AktG), die Ausnahmen vom Erwerbsverbot (insbesondere den unentgeltlichen und daher ungefährlichen Erwerb), die Auslegung der 10%-Grenze in § 226 I 1 HGB und die Differenzierung zwischen Interimsscheinen und Aktien. Gut begründet schließt Maltschew aus der Notverordnung, dass diese nicht als vorrangiges Ziel die Vermeidung einer Gläubiger- und (Klein-)Aktionärsbenachteiligung verfolgt habe (S. 119-124). Der Verordnungsgeber habe vor allem den Rückerwerb zur einfachen Kapitalherabsetzung als wirtschaftlich sinnvoll akzeptiert, da so bei sinkender Konjunktur liquide Mittel gebunden werden könnten (S. 124). Eventuell könne dann durch Einziehung das Grundkapital verringert werden. In der Krise waren vor allem vertrauensbildende Maßnahmen nötig, um den Abzug weiteren Kapitals aus den Aktiengesellschaften zu vermeiden. Daher hat die Notverordnung die Offenlegungspflichten der Unternehmen in § 260a HGB verschärft. Zugleich stärkte die Notverordnung die Kontrollorgane (Aufsichtsrat und Prüfungskommission) und führte neu den Bilanzprüfer ein. Der Aufsichtsrat selbst wurde ebenfalls reformiert. Niemand durfte mehr als 20 Mandate ausüben (der Geschäftsinhaber der Danatbank Jacob Goldschmidt hatte zuvor 125 Mandate und war keineswegs der einzige, der nun von der Einschränkung betroffen war). Im übrigen mussten nun auch die an Vorstand und Aufsichtsrat gezahlten Gehälter etc. bekannt gemacht werden. Die strafrechtlichen Sanktionen für Verstöße der Gesellschaftsorgane wurden verschärft. Zudem wurde im Bilanzrecht festgelegt, dass die eigenen Aktien zum niedrigsten aller möglichen Bilanzwerte angesetzt werden, wodurch Buchgewinne ausgeschlossen werden sollten.

 

Die Vorschriften des § 226 HGB in der Fassung der Notverordnung von 1931 gingen schließlich auf in § 65 AktG 1937 (S. 141), der die Zulässigkeit des Rückerwerbs eigener Aktien noch einmal weiter einschränkte, sieht man von der Möglichkeit des Erwerbs zum Zwecke der Einziehung der Aktien (vgl. § 65 II AktG 1937) sowie der ausdrücklichen Zulassung unentgeltlichen Erwerbs (§ 65 I Nr. 1 AktG 1937) ab. Weitere Detailfragen, die auf der Grundlage der Notverordnung streitig geblieben waren, wurden nun gelöst.

 

Im Teil E (S. 145-157) geht die Verfasserin der eher politischen als rechtsgeschichtlichen Frage nach, wann und in welcher Form Reichskanzler Brüning auf den massenhaften Rückerwerb eigener Aktien hätte reagieren sollen. Mit Recht beurteilt Maltschew die Steuerungsmöglichkeiten durch die Mittel des Aktienrechts skeptisch, da die Skandale des Jahres 1931 überwiegend aus unrechtmäßigem Verhalten der Beteiligten entstanden waren. Im übrigen, so meint sie, habe man weder im Herbst 1930 noch im Frühjahr 1931 den Rückerwerb als ein Problem aufgefasst. Allerdings hätte die Regierung, so führt sie weiter aus, mit einer Reform der Bilanzvorschriften schon zu Beginn des Jahres 1931 manchen Schaden abwenden können. Weiter fragt Maltschew, ob nicht eine Niedrigzinspolitik „Einfluss auf die Auswirkungen des Rückerwerbs eigener Aktien hätte haben können“ (S. 154). Der Sache nach geht es darum, ob eine Politik der Zinssenkung einen positiven Leverage-Effekt erzeugt, d. h. durch billiges Fremdkapital die Eigenkapitalrendite gesteigert hätte. Nicht nur die übrigen politischen Rahmenbedingungen (insbesondere die Unabhängigkeit der Reichsbank von der Reichsregierung) standen dem im Wege. Zuvor wäre auch noch darzulegen gewesen, in welchem Umfang die betroffenen Unternehmen den Rückkauf mit zusätzlichem Fremdkapital finanziert haben. S. 160 meint die Verfasserin, der Rückkauf sei „größtenteils nicht aus flüssigen Mitteln“ finanziert worden. Es wäre interessant gewesen, diesen Punkt näher aufzuklären, weil nach den Ausführungen auf S. 124 das Ziel der Kapitalherabsetzung für den Verordnungsgeber die Bindung liquider Mittel war. Insgesamt steht dieser Abschnitt, der die Qualität der Wirtschaftspolitik Brünings beurteilt, als ein unabhängiger, wirtschaftsgeschichtlicher Exkurs neben dem eigentlichen Thema der Dissertation. – Maltschew beschließt ihre Ausführungen mit einem rechtspolitischen Plädoyer für den Erhalt der im deutschen Aktienrecht entwickelten Regeln für den Aktienrückkauf und der begleitenden Regeln zur Bilanzierung und zum Gläubiger- sowie Aktionärsschutz. Dessen Berechtigung soll hier nicht bestritten werden. Ob aber die gut begründeten Kernthesen des interessanten und klar formulierten Buches, nämlich dass die Aktienrückkäufe nicht Ursache, sondern Folge der Weltwirtschaftskrise waren und die Notverordnung eine „ad-hoc-Reaktion“ auf die Zusammenbrüche so vieler Unternehmen, ob also diese Kernthesen die rechtspolitische Forderung stützen, erscheint freilich zweifelhaft, da die wirtschaftspolitische Steuerungskraft dieser Normen nach allem nicht auf der Hand liegt.

 

Unabhängig davon bleibt aber, dass die auf umfangreichem, auch archivalischem Quellenmaterial ruhende Untersuchung unsere Kenntnis von der schon wiederholt behandelten Geschichte des Aktienrechts in der Weimarer Zeit um wertvolle Bausteine ergänzt. Es ist der Verfasserin gelungen, ein sehr konkretes Bild von der historischen Grundlage der Notverordnung vom 19. September 1931 zu zeichnen.

 

Hamburg                                                                                                        Tilman Repgen