Heider, Matthias, Die Konzessionsverträge der Stadt Lüdenscheid über leitungsgebundene Versorgungsgüter und die Entwicklung der städtischen Versorgungsbetriebe zwischen 1856 und 1945. Zugleich ein Beitrag über den Ausbau der kommunalen Leistungsverwaltung in Preußen (= Schriften zur Rechtsgeschichte 119). Duncker & Humblot, Berlin 2005. 274 S.

 

Am 15. Oktober 1856 genehmigte die Stadtverordnetenversammlung der etwa 5000 Einwohner zählenden Stadt Lüdenscheid im westlichen Sauerland einen Vertrag mit dem Ingenieur Wilhelm Ritter aus Duisburg. Er war den Möglichkeiten der Zeit entsprechend handschriftlich abgefasst und mit Contract überschrieben. Er betraf die Lieferung von Gas zur Beleuchtung von Straßen, Plätzen und Häusern.

 

Seinen technischen Ausgangspunkt hatte er in den seit Beginn des 19. Jahrhunderts in England mit der Technologie William Murdochs errichteten städtischen Gaswerken. Auf der unternehmerischen Suche nach ertragreichen Absatzmärkten hatte die Imperial Contintental Gas Association schon am 14. Januar 1825 mit der Stadt Hannover die Versorgung mit Leuchtgas vereinbart. Dem war bereits 1826 Berlin gefolgt, ehe 1828 in Dresden die erste deutsche Entwicklung in die Tat umgesetzt wurde und auch Frankfurt am Main, Köln und viele andere Städte sich den leuchtenden Vorbildern anschlossen.

 

In diesem Rahmen widmet sich der Verfasser in seiner von Gerd Kleinheyer betreuten Bonner Dissertation des Jahres 2003 der örtlichen Entwicklung in Lüdenscheid, das nach seiner Einschätzung vielleicht noch zu den ersten 100 städtischen Anwendern der Gasversorgung gehört haben könnte. Dabei untersucht er zunächst die Konzessionsverträge für Gas und Wasser aus den Jahren 1856, 1883 und 1887, behandelt danach die Kommunalisierung von Wasserwerk und Gaswerk sowie die Gründung des zusätzlichen städtischen Elektrizitätswerkes zwischen 1900 und 1919 und verfolgt abschließend die weitere Entwicklung der städtischen Versorgungsbetriebe in der umfassenderen Verbundwirtschaft zwischen 1920 und 1945.

 

Dabei sieht er eingangs die Gründe für die Einführung der leitungsgebundenen Gasversorgung im Erfordernis der Beleuchtung der Straßen zur Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, in der Verbesserung der Arbeitsbedingungen der industriellen Fertigung, in der Verminderung der Brandgefahr und in der allgemeinen Hebung des Lebensstandards, die Gründe für die Einführung der leitungsgebundenen Wasserversorgung vor allem in der Abwehr von Gefahren. Er zeigt sehr deutlich, wie die Stadt zunächst daran interessiert war, die mit den neuen Techniken verbundenen Gefahren durch Konzessionsverträge auf private Unternehmer abzuwälzen, wegen der damit verbundenen negativen Erfahrungen und wegen der steigenden Erwartungen der Bürger aber bald doch zur Kommunalisierung überging. Nach seiner überzeugenden rechtlichen Einordnung sind die Konzessionsverträge inhaltlich erkennbar von französischem Recht geprägt und keine öffentlichrechtlichen Verträge.

 

Insgesamt bietet der Verfasser eine gelungene, auch graphisch veranschaulichte Einzelstudie über das Werden der Leistungsverwaltung in der Stadt und auch im Staat des 19. Jahrhunderts. Zusätzlich gewinnt er neue, tabellarisch verdeutlichte Erkenntnisse über die Entwicklung der Verwaltungsstruktur der von ihm untersuchten Kommune. Schrifttumsverzeichnis und Sachwortverzeichnis runden die ansprechende Leistung auf einem wohl allgemein noch zu sehr vernachlässigten Felde ab.

 

Innsbruck                                                                                                                  Gerhard Köbler