Schriks, Chris, Het Kopijrecht 16de tot 19de eeuw (= Meesters in de Rechtsgeschiedenis 1). Walburg Pers/Kluwer, Zutphen 2004. 768 S.

 

Wer dieses umfangreiche Buch in den Händen hält, dem wird bewusst, dass hier kein junger, um die Druckkosten bangender Doktorand am Werk war. Der Blick auf die Titelseite bestätigt diese Annahme. Das Geburtsjahr von Chris Schriks ist 1931. Dieses Oeuvre wurde aus Begeisterung geschrieben und ist nicht nur das Werk einiger weniger Jahre. Es ist ein prächtiger Band geworden, den man immer wieder gerne in die Hände nimmt, zum Lesen oder einfach nur zum Blättern und zum Beschauen der Bilder, die sogar zum Schmunzeln einladen (zum Beispiel die Darstellung eines Autors mit seinem Herausgeber von Thomas Rowlandson, London 1797, Seite 218).

 

Zu Beginn des Jahres 2004 fand die feierliche Promotion an der Universität Leiden statt. Es handelte sich beim Kopijrecht keineswegs um ein Erstlingswerk von Schriks. Aphorismen, Lebenserinnerungen und vieles mehr erschienen bereits von seiner Hand. Der herausgebende Verlag, Walburg Pers, den Chris Schriks selbst gründete und der nun von seinem Sohn Pieter weitergeführt wird, ist vor allem Römischrechtlern vertraut, da dort die niederländische Übersetzung des Corpus Iuris Civilis unter der Leitung von J. Spruit erschien.

 

Das Verlagsrecht und das Verlagseigentum werden in dieser Dissertation von Kennerhand behandelt. Der Autor stellt die Buchhandelsgewohnheiten, die Privilegien, Bücher herausgeben zu dürfen, und das sich erst später entwickelnde Autorenrecht umfassend dar. Der Schwerpunkt liegt auf den historischen Entwicklungen in den Niederlanden und den entsprechenden globalen Entwicklungen in ausgewählten Ländern.

 

Das Werk wurde in drei Teile aufgeteilt. Der einführende Teil beginnt unter dem Untertitel „Interpretationen“ mit Ausführungen zu Begriffen, wie Buchdruck, Verlagsrecht, Autor, Eigentum, Besitz, Verlag, Buchhändler, Buchkäufer und weiteren verwandten Begriffen, aber auch der Begriff Naturrecht wird (bereits auf Seite 24) erläutert. Das Naturrecht wird an dieser Stelle als eine der Rechtsquellen genannt, auf die sich die Buchherausgeber beriefen, wenn sie ihr Recht an dem Druckwerk sichern wollten. Ohne weitere Ausführungen zählt Schriks neben dem Naturrecht beinahe sämtliche weiteren Rechtsquellen, wie die Bibel, oder hier von ihm abgesondert, den Dekalog, das römische Recht und Aussprüche von Philosophen auf.

 

Weiter geht es dann mit den Aktivitäten der Verlage gegen Nachdruck ihrer Werke, um Absprachen, Buchprivilegien, Buchdruckergilden, Autorenverträge und wieder die Bibel, nun nicht als eine Rechtsquelle, sondern als ein Druckwerk an der Schnittstelle von öffentlichem Interesse und Privatrecht. Da in die Bibeleditionen große Investitionen von den Druckern getätigt worden waren, sahen die Drucker und Buchverkäufer diese Bibelausgaben als ihr eigenes Werk an und versuchten ihre Ausgaben gegen Nachdruck zu beschützen. Allerdings wurde der Inhalt der Bibel weiterhin als Allgemeingut angesehen. Da es noch keinen von der Kirche anerkannten Standardtext gab, beschlossen die Staten van Holland für jede besondere Bibelausgabe ein eigenes Privileg zu geben. Auf der Synode von Dordrecht in den Jahren 1618/1619 wurde zum ersten Mal die Initiative ergriffen, eine offizielle Bibel für die Republik herauszugeben. Der lange Weg bis zur Realisierung, unter Abwägung der verschiedenen Interessen von Übersetzern, Herausgebern, Kirche und Buchhändlern, wird eindrucksvoll beschrieben (Seite 157ff.). Im Jahre 1637 erschien dann die bis heute gebräuchliche Statenvertaling, die niederländische Bibel.

 

Der zweite Teil behandelt die globalen Entwicklungen des Buchwesens im Ausland. Schriks zeichnet die analogen Entwicklungen in Frankreich, dem Vereinigten Königreich und dem gesamten Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen nach. Passende Gravuren und Ölgemälde von Buchdruckpersönlichkeiten und ausländischen Buchläden beleben diesen Teil, den man nicht als klassisch rechtsvergleichend bezeichnen kann. Vielmehr sind hier die groben Entwicklungen in den jeweiligen Ländern beschrieben und dort, wo es geeignet scheint, werden kurz (meist chronologisch) unterschiedliche Entwicklungen ausgearbeitet. In diesem Teil wird deutlich, wie parallel die Entwicklungen in den einzelnen Ländern verlaufen. Unter dem Titel „Deutschsprachige Staaten und Städte“ wird unter anderem von den kaiserlichen und landesherrlichen Privilegien berichtet (Seite 233), und auch das Eigentumsrecht von Komponisten und Autoren in deutschen Landen wird behandelt (Seite 235). Allerdings waren die deutschen Staaten und Städte im Vergleich zu England und Frankreich ein wenig langsamer im Anerkennen der Autorenrechte (S. 253f.).

 

Der dritte Teil beschäftigt sich mit der Gesetzgebung auf nationaler und auf provinzialer Ebene, unter Ausnahme der Zeit, in denen die Niederlande von Frankreich einverleibt waren.

 

Am 3. Juni 1803 trat das erste nationale Büchergesetz in Kraft (Wet van de Bataafsche Republiek), dessen Text unter den Beilagen auf S. 691f. abgedruckt wurde. Es zählte 12 Artikel und befasste sich mit dem Recht rund um das gedruckte Buch, inklusive Übersetzungen. Hier zeigt sich deutlich Schriks pädagogische und analytische (oder auch belehrende) Ader, er beschreibt das Gesetz nicht nur im Text und den Zusammenfassungen, sondern druckt auch den Originaltext ab und nennt in einer weiteren Beilage die Hauptpunkte des Gesetzes (Seite 714f.). Auf einen Blick sind so die Inhalte des Gesetzes ersichtlich und auch vergleichbar mit den anderen zitierten Gesetzen.

 

Abgeschlossen wird das Buch mit einem Epilog, einer ausführlichen Zusammenfassung auf Niederländisch und auf Englisch, einer klaren Darstellung des Befunds, verschiedenen Beilagen und einem Register. Dabei ist anzumerken, dass die englische Zusammenfassung von Claudette van Caubergh mehr als 70 Seiten (Seite 505–579) beträgt, was als für eine Dissertation als unüblich zu bezeichnen ist. Die Übersetzung samt der dort zu findenden Zeittafel (die vielleicht etwas zu knapp geraten ist) und das gesamte Bildmaterial sind aber eigentlich schon Grund genug, sich das Werk bei Interesse an der Geschichte des Buchdrucks auch als Nichtniederländer anzuschaffen.

 

Das Buch ist ein Lesevergnügen, wenn auch mit einigen kleinen Hindernissen. So wurden wohl aus stilistischen Gründen Endnoten statt Fußnoten gewählt, die die gesuchten Zusatzinformationen doch etwas lästiger bereitstellen, zumal die Endnoten sich vor den Beilagen und dem Register befinden und somit eigentlich noch mitten im Buch zu suchen sind. Auch wurde manchmal zu häufig eine einzige Quelle wiederholt zitiert (siehe Endnoten 1135-1147 und 1297-1304 einschließlich). Hilfreich beim Lesen wäre auch die Jahresangabe der Werke bereits in den Endnoten und nicht erst im Literaturverzeichnis gewesen.

 

Auch hätte das Abkürzungsverzeichnis der Vollständigkeit halber für meinen persönlichen Geschmack geläufige niederländische und lateinische Abkürzungen, wie zum Beispiel O.T. für Altes Testament oder c.q. für casu quo enthalten können, da sich der Autor vieler dieser kleinen Abkürzungen (so auch z.i., dln., enz.) sehr häufig bedient. Einige seiner Abkürzungen erscheinen auch etwas eigenwillig, so zum Beispiel RAL für das Reichsarchiv in Leeuwarden (Endnote 1673). Dieses Archiv wurde nie auf diese Weise so abgekürzt, da es zunächst Reichsarchiv Friesland hieß und seit einiger Zeit Tresoar heißt. Auch finden sich die zitierten Dokumente aus diesem Archiv nicht in den Quellenangaben wieder.

 

Der modernen Technik versagte Chris Schriks sich keineswegs und schuf begleitend zum Buch eine eigene professionelle Website (wohl mit der Unterstützung seines Sohnes Christiaan, siehe Prolog, S. 20): http://www.kopijrecht.nl. Hier sind bereits Ergänzungen und Errata der Druckausgabe zugänglich. Spätestens bei einem Besuch der Website erkennt man die Liebe zum Detail von Schriks. Man findet auch einige Kuriosa in dieser recht unüblichen Dissertation. So enthält die Beilage IV ab Seite 722, vom Leser unerwartet und vielleicht auch überflüssig, Enkele opvattingen over fenomeen eigendom en relatie tot het recht. Hier findet der Leser einen ausgewählten Sprichwortschatz zum Eigentumsbegriff. Cicero, Thomas von Aquin, Pufendorf, Adam Smith und viele andere werden hier zitiert. Die Zitate sind sehr interessant, aber leider fehlen genaue Fundstellen und Hinweise zu der Übersetzung.

 

Chris Schriks kommt aus dem Buchdruckerfach, das ist sowohl aus dem Inhalt als auch aus dem ansprechenden Layout sofort erkenntlich. Ein juristisches Thema hat er kulturhistorisch aufbereitet und so einer breiten Leserschaft zugänglich gemacht.

 

Amsterdam                                                                                                       Viola Heutger