Die Chroniken Bertholds von Reichenau und Bernolds von Konstanz 1054-1100, hg. v. Robinson, Ian S. (= Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Germanicarum Nova Series 14). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2003. X, 645 S.

 

Die beiden Chroniken wurden bereits 1844 zum ersten Mal im Rahmen der Monumenta Germaniae Historica ediert. Georg Heinrich Pertz konnte die mit ihnen verbundenen Fragen aber nicht endgültig klären. Deswegen regte sich seit langem der Wunsch nach einer eingehenderen Kommentierung beider Werke, den Ian S. Robinson nach jahrzehntelangen Forschungen, unterstützt von einer Reihe von Helfern, erfüllte.

 

In der Einleitung geht der Herausgeber von der bis 1054 reichenden, nicht durch ein vollständiges Exemplar auf die Gegenwart gekommenen Inkarnationschronik Hermanns des Lahmen aus. Vielleicht eine von Berthold, einem Schüler Hermanns, angefertigte Epitome hiervon ist die in drei Fassungen überlieferte, bis 1043 reichende Reichenauer Kaiserchronik. In ihr folgen auf die Kaiserchronik die Jahresberichte der Chronik Hermanns des Lahmen bis 1052 bzw. 1054 und von Berthold stammende Fortsetzungen der Hermannchronik in zwei 1066 bzw. 1079/1080 endenden, durch einen Druck Johannes Sichards von 1529 einerseits und fünf Handschriften andererseits überlieferten Fassungen. Ebenfalls eine Epitome der Hermannchronik bis 1054 ist die als Autograph in der Handschrift München, Bayerische Staatsbibliothek Clm 432 und in sieben mehr oder weniger vollständigen Abschriften überlieferte, bis 1100 geführte Inkarnationschronik Bernolds von Konstanz.

 

Beide Chroniken bilden durch ihren Gegenstand ab 1054 eine Einheit. Sie zeigen den Einfluss der päpstlichen Reformbewegung auf das deutsche Reich. Für die Zeit ab 1070 sind sie Bericht und Streitschrift zugleich.

 

Nach den sorgfältigen Untersuchungen des Herausgebers könnte die erste Fassung der Chronik des entschiedenen, polemisch formulierenden Gregorianers Berthold, der Hermann als seinen Freund bezeichnet, bis 1073 gereicht haben. Zu dieser Zeit dürfte er eine Überarbeitung für die zweite Fassung durchgeführt haben. Dass er diese über 1079/1080 hinaus bis zu seinem Tod (1088) fortsetzte, ist möglich, lässt sich aber nicht nachweisen.

 

Der wohl am 16. September 1100 in Schaffhausen gestorbene Gregorianer Bernold von Konstanz dürfte (um 1050) als Sohn eines verheirateten Klerikers (in Schwaben) geboren worden sein. Ausgebildet wurde er in der Domschule von Konstanz, wo er ab 1084 zu einem engen Mitarbeiter des Bischofs aufstieg. Wenig später wechselte er freilich nach Sankt Blasien.

 

Am Ende der ausführlichen Einleitung berichtet der Herausgeber über die verworrene Druckgeschichte und stellt seine Editionsgrundsätze vor. Nach einem ausführlichen Quellen- und Literaturverzeichnis bietet er Bertholds Chronik von 1054 bis 1080 in zweispaltiger Gegenüberstellung der ersten und zweiten Fassung und danach Bernolds Chronik von 1054 bis 1100. Umfangreiche Register der Namen und der Wörtererleichtern die Benützung der wertvollen Edition.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler