Reuber, Ingrid Sibylle, Der Kölner Mordfall Fonk von 1816. Das Schwurgericht und das königliche Bestätigungsrecht auf dem Prüfstand (= Rechtsgeschichtliche Schriften 15). Böhlau, Köln 2002. XL, 171 S.

 

Der „Fall Fonk“ gilt als die erste deutsche cause célèbre (Radbruch). Im Jahre 1822 befand ein Trierer Schwurgericht den Kölner Kaufmann Paul Anton Fonk für schuldig, gemeinsam mit einem Angestellten den Buchprüfer Cönen ermordet zu haben. Vorangegangen war ein „Mammutprozess“ von 40 Sitzungstagen, in dessen Verlauf nicht weniger als 247 Zeugen sowie 7 Ärzte als Sachverständige gehört wurden. Begierig – und in einem bis dahin in Deutschland nicht gekannten Ausmaße – griffen Presse und Publizistik die Einzelheiten des Verfahrens auf. In zahlreichen Schriften wurde über Cönens Todesursache sowie mögliche Täter spekuliert. So fiel der Verdacht unter anderem auf jene „Wollust hauchende Florentinerin“ (Mittermaier, Über den Fonk’schen Proceß, 1823, S. 14), die Cönen kurz vor seinem Verschwinden in einem Bordell aufgesucht hatte. Im Gegensatz zur Mehrheit der rheinischen Bevölkerung verdammte Feuerbach das schließlich gegen Fonk ausgesprochene Todesurteil als eine „abscheuliche Ungerechtigkeit an einem rein unschuldigen Menschen“ (Schreiben an v. Hitzig vom 17. 1. 1823, in: Biographischer Nachlaß, Bd. 2, 1853, S. 202). Tatsächlich hatte das Urteil keinen Bestand. Wilhelm III. verweigerte auf Vorschlag seines Staats- und Justizministers v. Kircheisen die Bestätigung, und ordnete Fonks Freilassung an.

Anhand zeitgenössischer Quellen rekonstruiert Reuber zunächst die Vorgeschichte des Falles sowie den Prozessverlauf. Der Veranschaulichung dient der Abdruck zeitgenössischer Illustrationen und Quellentexte. Knapper wird anschließend der Bedeutung des Prozesses für die Auseinandersetzung um das rheinische Schwurgericht sowie das königliche Bestätigungsrecht nachgegangen. Weil sich die Verfasserin ausschließlich auf ältere Literatur stützt, bleibt die rechtshistorische Einordnung des Verfahrens letztlich unbefriedigend. Nicht herangezogen wurden etwa die für die Geschichte des Schwurgerichts grundlegenden (bereits in den 1970er und 1980er Jahren erschienenen) Arbeiten Blasius’, Habers und Landaus. So entgeht der Autorin die naheliegende Pointe des vielzitierten „Kampfes um die Schwurgerichte“. Das Schwurgericht mit seinem öffentlich-mündlichen Verfahren diente nicht allein als Schutzinstrument vor staatlichen Übergriffen, als „Palladium bürgerlicher Freiheit“; seine Beibehaltung wurde auch deshalb gefordert, weil es gegenüber dem gemeinrechtlichen Prozess eine effektivere Strafverfolgung ermöglichte. Nicht umsonst waren Feuerbach und Mittermaier fest davon überzeugt, dass ein „deutsches Richterkollegium“ auf Grundlage des traditionellen gemeinrechtlichen Verfahrens zu einem Freispruch Fonks gelangt wäre.

 

Insgesamt bleibt der Eindruck einer rechtshistorisch wenig ambitionierten Abhandlung, der das Verdienst zukommt, den „Fall Fonk“ unter gründlicher Aufarbeitung zeitgenössischer Quellen in Erinnerung gerufen zu haben.

 

Jena                                                                                                                           Arnd Koch