Klostermann, Guido, Die niederländische privatrechtliche Stiftung. Das Stiftungsrecht der Gegenwart und seine Geschichte (= Niederlande-Studien 32). Waxmann, Münster 2003. 215 S.

 

Mit Band 32 der Niederlande Studien wurde in dieser bunten Reihe von Themen mit Bezug zu den Niederlanden wieder einmal eine juristische Arbeit aufgenommen. Guido Klostermann schrieb seine Dissertation über die geschichtliche Entwicklung des niederländischen Stiftungswesens. Der erste Teil des Werkes gleicht einem Streifzug durch die europäische und niederländische Geschichte. Der Leser erhält dort einen Überblick über die Entwicklungen im Stiftungsrecht in den vergangenen Jahrhunderten und über die Einzelprobleme der jeweiligen Zeitabschnitte. Der Leser erfährt auf angenehme Weise weit mehr über die Geschichte der Niederlande, als im Rahmen eine Dissertation zum Stiftungsrecht zu erwarten gewesen wäre. Richtig spannend liest sich der Geschichtsteil ab dem Spätmittelalter um die Entstehung der Niederlande im Jahre 1581. Auf die Zeit davor hätte der Autor vielleicht gar nicht eingehen müssen. Hier führt er in zu großen Bögen in die Geschichte ein und verspricht oft mehr, als er dann halten kann. So sagt er, dass es in der griechisch-römischen Antike Stiftungen oder doch stiftungsähnliche Rechtsgeschäfte bereits gab, geht dann aber im folgenden nur auf die römische Kaiserzeit ein. Entgegen seinem gewählten Titel über die privatrechtlichen Stiftungen geht Klostermann auch auf andere Stiftungsformen ab Seite 99 ein. Dieser sehr informative Teil hätte deutlich besser zur Erläuterung in die Einleitung gepasst. Aber immerhin gibt er so Anregungen zu vertieften Studien für zukünftige Dissertationsthemen.

 

Das Werk trägt einen rechtsvergleichenden Charakter. Allerdings nutzt Klostermann nur wenige Gelegenheiten zur aktiven Rechtsvergleichung. So werden zum Beispiel verschiedene Theorien zur Rechtspersönlichkeit (ab S. 45) aus der deutschen und niederländischen Literatur herangezogen, ohne diese jedoch in einen größeren rechtsvergleichenden Kontext zu platzieren. Man merkt dem Autor die deutsche dogmatische Schulung an, auch wenn er sich zum niederländischen Recht äußert. Dieser deutsche Umgang mit Theorien und der systematischen Aufbereitung von Problemen macht das Werk dem deutschen Leser besonders gut zugänglich. Meist schreibt Guido Klostermann bewusst für den deutschen Leser. Hin und wieder geht er aber zu selbstverständlich mit den niederländischen Abkürzungen um. Vieles wird von ihm vorausgesetzt: so wird durchgehend die Abkürzung H.R. für den Hoge Raad gebraucht (ab S. 57), dieser aber nur im hinteren Teil des Buches in einer Fußnote erläutert (S. 206, Anm. 1) andererseits werden im laufendenden Text, nachdem der Begriff schon einige Male verwendet wurde, grammatikalische Anmerkungen zur Pluralbildung im Niederländischen angeführt (so z. B. lid, Mz.: leden, S. 92). Da Klostermann den Leser aber schnell in das niederländische System hineinführt, behindern diese kleinen Schönheitsfehler das Textverständnis nicht.

 

Im zweiten und wesentlich umfänglicheren Teil (S. 81ff.) geht Klostermann auf das Stiftungsrecht nach dem Nieuw Burgerlijk Wetboek von 1976 ein.

 

Der Autor stellt die moderne niederländische stichting als ein komplexes Gebilde dar, welches an viele Formerfordernisse gebunden ist. Aufgezählt werden beispielhaft das Erfordernis, die Urkunde auf niederländisch zu schreiben und eine Satzung beizufügen. Beim Lesen kann der Leser Zweifel bekommen, ob es ihm gelingen möge, eine stichting zu gründen. So kompliziert ist die Realität aber zum Glück nicht. In der Niederlanden werden stichtingen häufig von Sekretären in der Anwaltskanzlei oder im Notariat gegründet und es bedarf keineswegs einer höheren Ausbildung zu ihrer Gründung. Selbst im Internet können Formulare zur Gründung heruntergeladen werden (http://www.zibb.nl/thirdparty/casus.asp?portalnaam=ondernemen).

 

Die Gründungskosten sind in der Regel niedrig. Neben den Kosten für den Notar kommen noch jährliche Gebühren für die Einschreibung bei der Handelskammer dazu.

 

Es ist faszinierend, dieses deutsche Buch zum niederländischen Recht zu lesen. Es ist dem Autor mühelos gelungen jene Details aufzuzeigen, die in der Praxis zu Problemen führen können. Der deutsche Jurist wäre daher sicher dankbar gewesen, wenn die Arbeit konsequenter rechtsvergleichend ausgearbeitet worden wäre. Dann hätte man Klostermann als Handbuch für jede Kanzlei empfehlen können. Leider ist der rechtsvergleichende Teil zum Verhältnis Deutschland – Niederlande etwas mager und eher deskriptiv ausgefallen. Ein funktionaler Ansatz, der einzelne Erfordernisse rechtsvergleichend dargestellt hätte, wäre für den Gebrauch des Werkes als Ratgeber über die nationalen Grenzen hinweg, von Vorteil gewesen.

 

Nach der Lektüre von geschichtlichen Entwicklungen und Problemen des geltenden Rechts, hätte man einen gestalterischen Ausblick erwartet, in dem die Erkenntnisse der Arbeit noch mehr in einen europäischen Kontext platziert werden. Statt dessen wird nur kurz  berichtet, dass dem niederländischen Stiftungsrecht keine wesentlichen Änderungen bevorstehen. Eine kleine, aber wichtige Änderung bezüglich der Sprachanforderungen ist dem Autor aber leider entgangen. Seit dem Jahr 2001 ist es auch möglich, eine Stiftungsurkunde auf friesisch zu verfassen, wenn die Stiftung ihren Sitz in der Provinz Friesland hat (Art. 2: 286 Absatz 2 BW, Stb. 2001, nr. 574).

 

Das Werk ist zu empfehlen, vor allem für all diejenigen, die den langen Weg bis zum heutigen niederländischen Gesetzbuch in kompakter Weise verfolgen wollen. Wäre Klostermann noch ein wenig länger in den Niederlanden geblieben, hätte er sicher auch die Vorzüge niederländischer Dissertationen übernommen: Ein detailliertes Stichwortverzeichnis, wie sonst üblich in den Niederlanden, wie auch Zusammenfassungen in verschiedenen Sprachen, hätten den Leserkreis sicher noch vergrößert. Die Dissertation bietet eine Fülle von Hinweisen und arbeitet die Hauptprobleme des privatrechtlichen Stiftungsrechts in den Niederlanden deutlich heraus und macht dieses Thema so dem deutschen Leserkreis und dem Rechtsanwender gut zugänglich.

 

Utrecht                                                                                                                         Viola Heutger