HartmannKataster20021028 Nr. 10593 ZRG GA 121 (2004) 46

 

 

Kataster und moderner Staat in Italien, Spanien und Frankreich (18. Jh.). Cadastre et Etat moderne en Italie, Espagne et France (18e s.). Cadastre and Modern State in Italy, Spain and France (18th c.), hg. v. Mannori, Luca (= Jahrbuch für europäische Verwaltungsgeschichte 13). Nomos, Baden-Baden 2001. XII, 369 S.

 

Ohne Zweifel war die Existenz oder Nichtexistenz von Katastern zur Erhebung von Land- oder Grundsteuern ein wichtiges Kriterium für die Objektivierung der Abgaben und die Steuergerechtigkeit. Dies gilt z. B. für Frankreich für die taille réelle (mit Katastern als Grundlage) und die taille personnelle, die mangels Kataster relativ willkürlich nach der jeweiligen Vorjahressteuer erhoben wurde. Angesichts ihrer großen Bedeutung bildeten die Kataster und die im 18. Jahrhundert überall in Europa stattfindenden Auseinandersetzungen um das Kataster wichtige Forschungsthemen der Steuer- und Finanz- sowie der Staatsrechtsgeschichte. Wenn auch im 18. Jahrhundert viel in diesem Bereich diskutiert und experimentiert wurde, so schuf man im allgemeinen doch erst im 19. Jahrhundert die eigentlichen modernen Kataster, um auf diese Weise die völlige steuerliche Kontrolle im eigenen Land durchzusetzen. Dabei bildete die Anerkennung oder Ablehnung des Katasters schon im 18. Jahrhundert, wie Luca Mannori in der Einleitung mit Recht betont „die Scheidelinie zwischen jenen, die den Staat als eine Vereinigung von gleichberechtigten und dem Souverän gleichermaßen unmittelbar unterstellten Individuen zu sehen begannen, und jenen, die ihn weiterhin in einer schon vom Spätmittelalter übernommen Sichtweise verstanden“.

 

Wenn es auch schon da und dort Vorformen gab, so begannen im 18. Jahrhundert die Regierungen verschiedener Länder, Projekte für ein zentrales Steuerkataster zu entwickeln. Es ist deshalb von großem Interesse, dass in dem vorliegenden Sammelband dies am Beispiel von Italien, Spanien und Frankreich, die sich gegenseitig stark beeinflussten, analysiert wird.

 

Zunächst kommen zwei länderübergreifende Beiträge von Antonella Alimento über das Ringen um die Schaffung von Generalkatastern im 18. Jahrhundert und von Luca Mannori über „Land Register and Legal Thought in Roman–Law Europe“ vom 14. bis 18. Jahrhundert. Hier wird die juristische Vorgeschichte des Katasters kompetent behandelt. Dann folgen fünf aufschlussreiche Artikel über fünf italienische Beispiele, und zwar über die Staaten von Mailand (Carlo Capra/Giancarlo Galli), Venedig (Alfredo Viggiano), über die Kataster in der Toskana (Alessandra Contini/Francesco Martelli), im Kirchenstaat (Stefano Tabacchi) und im Königreich Neapel (Alessandra Bulgarelli Lukacs).

 

Zwei Beiträge beschreiben ausführlich Kataster in Spanien, und zwar in Kastilien (Concepción Camarero Bullón) und in Aragon oder Katalonien (Pilar Carcia Trobat).

 

Hierauf behandelt Mirelle Touzery in einem breit angelegten Artikel die Versuche der französischen Monarchie, ein Kataster zu schaffen, die allerdings von der starken Opposition der höchsten Gerichte des Königreiches, den Parlamenten, verhindert wurden. Nach Studien über das unvollendete Kataster im Limousin (Alain Blanchard) und das geplante Kataster in Korsika (Antonie-Marie Graziani) wird schließlich die Verwirklichung des Katasters in Luxemburg von Claude de Moreau de Gerbehaye analysiert.

 

So bietet der vorliegende Band eine interessante, anregende, gut dokumentierte Sammlung von Beiträgen über die Fragestellung „Kataster und moderner Staat in Italien, Spanien und Frankreich im 18. Jahrhundert“, die jeder Finanz- und Staatsrechtshistoriker mit Gewinn heranziehen kann.

 

Mainz                                                                                                 Peter Claus Hartmann