Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V. Der Reichstag zu Speyer 1542, erster Teilbd., zweiter Teilbd., bearb. v. Schweinzer-Burian, Silvia (= Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe, Bd. 12). Oldenbourg, München 2003. 1-712, 713-1284 S.

 

Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V. Der Reichstag zu Worms 1545, erster Teilbd., zweiter Teilbd., bearb. v. Aulinger, Rosemarie (= Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe, Bd. 16). Oldenbourg, München 2003. 1-866, 867, 871-1740 S.

 

Deutsche Reichstagsakten. Reichsversammlungen 1556-1662. Der Reichstag zu Augsburg 1566, erster Teilbd., zweiter Teilbd., bearb. v. Lanzinner, Maximilian/Heil, Dietmar. Oldenbourg, München 2002. 1-852, 857-1652 S.

 

 

Die Reihe der – nun in einem neuen Verlag und in einer aufwendigeren äußeren Form präsentierten - „Reichstagsakten“ muss in dieser Zeitschrift nicht mehr vorgestellt werden, da schon mehrfach Einzelbände daraus vorgestellt werden konnten. Die Editionsprinzipien sind in den verschiedenen Teilreihen die gleichen geblieben, wenngleich die zunehmende Aktenfülle für die Reichstage des 16. Jahrhunderts dazu zwingt, eine Auswahl zu treffen und die aufgenommenen Dokumente nicht unbedingt immer im ungekürzten Volltext zu edieren. Die Bearbeiter und Bearbeiterinnen haben über die Grundprinzipien ihrer Editionsarbeit und über die äußeren Rahmenbedingungen der behandelten Reichsverhandlungen jeweils umfassend Auskunft gegeben. In der Registerbearbeitung gibt es insofern Unterschiede, als sich der Wormser Doppelband und der Speyerer Doppelband getreu den Grundsätzen der älteren Reiche auf die Erfassung von Personen und Orten beschränken (auch wenn einzelne Begriffe nach Sachbegriffen untergliedert sind), während der Augsburger Doppelband auch in stärkerem Maße Sachgesamtheiten und Institutionen aufnimmt. So finden sich in diesem, unter Mitarbeit von Wolfgang Wagner entstandenen Gesamtregister etwa umfangreich belegte, in sich nochmals untergliederte Stichworte wie Religionsfriede, Reichsjustiz/Reichskammergericht, Reichskreise, Reichsmatrikel, Reichsmünzwesen, Reichspoliceywesen, Reichsritterschaft, Reichsstädte, Reichssteuern und vieles andere mehr. Dies ermöglicht vor allem dem Rechts- und Verfassungshistoriker einen leichten Zugriff auf den Inhalt. Der Unterschied zum Wormser Band wird deutlich, wenn dort in der Vorrede zum Register lapidar erklärt wird, dass häufig wiederkehrende Begriffe wie „Reich“ und „Deutsche Nation“ nicht aufgenommen wurden, folglich also auch nicht die davon abgeleiteten Komposita. Dies ist bedauerlich, da damit eine Erschließung des Inhalts nur über das – freilich recht detaillierte – Inhaltsverzeichnis möglich ist.“

 

Im unterschiedlichen Bearbeitungsstand der verschiedenen Reichstagsakten aus der Zeit Karls V. liegt es begründet, dass die Aktenedition nicht sukzessive chronologisch voranschreitet, sondern sozusagen sprunghaft voranschreitet. Mit dem im 12. Band der Jüngeren Reihe erfassten Speyerer Reichstag ist einer der sog. Kleinen Reichstage zwischen Regensburg 1541 und Augsburg 1547/48 erfasst. Die hier vorgelegte Edition kann eindrucksvoll belegen, welche Bedeutung gleichwohl den kleinen Reichstagen für den Verlauf der Reichsgeschichte in den vierziger Jahren des 16. Jahrhunderts zukommt. Erzwungen durch Türkennot und Konfessionsspannungen, zeigt Speyer 1542, wie sich innere und äußere Konflikte des Reichs zunehmend verschränkten. Der Reichstag gilt als ‚Türkenreichstag’, wenngleich die Beratungen über die notwendig gewordene Reichshilfe durch den vorangegangenen Beschluss des Nürnberger Fürstentages der evangelischen Stände belastet war, Türkenhilfe zukünftig nur noch gegen konfessionelle Garantien zu bewilligen, aber auch durch die Forderungen der Städte nach Gleichstellung bei den Entscheidungen und nach Erleichterungen ihrer finanziellen Belastungen.

 

Wie in den anderen Bänden der Jüngeren Reichstagsreihe sind die Hauptverhandlungsakten jeweils mit ganz wenigen Ausnahmen vollständig und in vollem Text wiedergegeben. Die „Nebenverhandlungen“ sowie Supplikationen, die ebenfalls Gegenstand des Reichstags waren, wurden hingegen nur in Auswahl präsentiert. Das gleiche gilt für Angelegenheiten, die auf parallelen Tagungen – wie dem Schmalkaldischen Bundestag, der Braunschweigischen Defensionsverwandten und dem Städtetag – behandelt wurden. Sie konnten nur von Fall zu Fall einbezogen werden, nicht unbedingt allerdings in einer Volltextedition.

 

Die Bearbeiterin der beiden Speyerer Bände, die nach einer chronologisch aufgebauten Überblicksdarstellung die Verhandlungen und Versammlungen vom Regensburger Reichstag von 1541 bis zum Speyerer Reichstag von 1542 vorstellt, geht einleitend auf die in Speyer behandelten Gegenstände und Problembereiche ein. Sie spricht die Türkenhilfe, Religion, Friede und Recht, die Forderungen der Reichsstände, die Frage der auswärtigen Gesandtschaften, die Belange der einzelnen Reichsstände sowie das Problem der Durchführung der Reichstagsbeschlüsse an. In der Aktenedition geht es um Quellen zur Vorbereitung und Eröffnung des Speyerer Tages (Ausschreiben, Instruktionen, Vollmachten, Ordnungen, Propositonen), dann um die Protokolle des Kurfürstenrats, des Fürstenrats und des Städterats. Die einleitend angesprochenen Verhandlungsgegenstände werden im Editionsteil der beiden Teilbände dann jeweils mit einschlägigen, weitgehend volltextlich edierten Quellen belegt. Für den Rechtshistoriker ist dabei vor allem der Abschnitt „Religion, Friede und Recht von Bedeutung. Dabei geht es – wie üblich – um die Diskussion von Religionsartikeln, um die Visitation des Reichskammergerichts, um Vorschläge zur Stabilisierung von Friede und Recht und um die Unterhaltung des Reichskammergerichts. Unter dem Gesichtspunkt „Rechtswesen und Landfriede“ geht es im Rahmen der beim Reichstag eingebrachten Suppliken um Einzelkonflikte, u. a. auch von Kammerrichtern und Beisitzern. Hingewiesen sei weiter auf ein Mandat König Ferdinands gegen den Wucher der Juden in den Gebieten des Deutschen Ordens (Nr. 283), das bisher weniger bekannt war. Am Ende des Bandes sind die für den Reichstag relevanten Abschiede und dagegen gerichtete Protestationen abgedruckt: Ein Abschied des Reichstags selbst von 1542 April 11 zur Türkenhilfe, aber auch Abschiede des Schmalkaldischen Bundestages und des Städtetages (letzterer nur als Regest).

 

Der in den  beiden chronologisch folgenden Teilbänden erfasste Wormser Reichstag vom Dezember 1544 bis zum August 1545 stellt eine Art Fortsetzung des Speyerer Reichstags von 1544 dar, dessen Akten 2001 als Band 15 der Jüngeren Reihe der Reichstagsakten in der Bearbeitung von Erwin Eltz erschienen sind (eine Rezension dieses noch im alten Verlag erschienenen Band war in dieser Zeitschrift mangels eines Rezensionsexemplars leider nicht möglich). Die meisten der 1544 behandelten Themen wurden im Reichsabschied auf die nächste Versammlung der Reichsstände vertagt: Die Beilegung der Religionsstreitigkeiten, die Reichsmünz- und die Reichspoliceyordnung, die Neuordnung der Reichsmatrikel, die Regelungen über Türkenhilfe und Gemeinen Pfennig. Insofern erhielt der Wormser Reichstag erhebliche Bedeutung für die Reichsgeschichte, auch wenn auf diesem weiterhin nicht alle Gegenstände abschließend geklärt werden konnten.

 

Im ersten Teilband befinden sich die Akten über die Vorbereitung des Reichstags (Kap. 1), die Instruktionen der Reichsstände für ihre Gesandten, besonders das Haus Habsburg, die Kurfürsten, die geistlichen und weltlichen Fürsten und Stände sowie die Reichsstädte. Dem schließen sich Protokolle an, und zwar aus der Überlieferung von Kurmainz und Kurpfalz sowie Berichtsprotokolle Bamberger, Hildesheimer, Augsburger und Heilbronner Provenienz. Der zweite Teilband ist den eigentlichen Verhandlungsgegenständen gewidmet: Reichsmünzordnung (Kap. 4), Reichspoliceyordnung /Kap. 5), Reichsmatrikel (Kap. 6), Konzil, Friede und Recht (Kap. 7), Gemeiner Pfennig (Kap. 8), Reichskammergericht (Kap. 9), Abrechnung früherer Reichshilfen (Kap. 10) und Sessionsprobleme (Kap. 11). Die Nebenverhandlungen (Varia, Kap. 12, darunter Sequestrationen, Belehnungen, Haushaltssachen) und Supplikationen (Kap. 13). Unter diesen ist der Themenbereich „Justizsachen“ für den Rechtshistoriker von besonderem Interesse. Abschließend sind (Kap. 14) die Korrespondenzen aufgelistet sowie (Kap. 15) Reichsabschiede zusammengestellt, darunter auch die Protestation der Stände der Augsburger Konfession.

 

Die von M. Lanzinner und D. Heil bearbeiteten beiden Teilbände zum Augsburger Reichstag von 1566 sind entsprechend den Prinzipien dieser Reihe etwas anders aufgebaut. In einer recht ausführlichen Einleitung stellen die Bearbeiter die Hauptereignisse, Materien und Entwicklungen des Reichstags zusammen. Dies ermöglicht es, die eigentlichen Verhandlungsakten in vielfach verkürzter Form zusammenzustellen. Passagen, die nicht wörtlich ediert werden, werden paraphrasierend wiedergegeben. Die Texte des ersten Teilbands erfassen Vorakten (Kap. A), Propositionen (Kap. B), das Kurfürstenprotokoll (Kap. C), das Fürstenratsprotokoll (Kap. D), das Städteratsprotokoll (Kap. E) und die Protokolle interkurialer Ausschüsse (Kap. F). Unter den Verhandlungsakten (Kap. G) sind als Einzelgegenstände Religionssachen, Landfriedenssachen, die Türkenhilfe, Justizwesen, Rekuperationen, Moderationswesen, Münzordnung und Sessionsprobleme genannt und in jeweils eigenen Editionsgruppen zusammengestellt. Der zweite Teilband gliedert Resolutionen, Gutachten, Mandate und Verzeichnisse aus einer Reihe von Verhandlungsgegenständen aus (zu Landfrieden, Türkenhilfe, Justiz, Rekuperation und Münzordnung) (Kap. H). Besonderen Abschnitten sind die Religionsverhandlungen (Kap. I)  und die – nicht weiter untergliederten – Supplikationen (Kap. J) gewidmet. Der Editionsteil des Bandes wird beschlossen durch Nachrichten über den Aufenthalt des Kaisers auf dem Reichstag (Kap. K) und eine Wiedergabe des Reichsabschieds (Kap. L).

 

Was im letztgenannten Doppelband zum Augsburger Reichstag von 1566 etwas auseinandergerissen, aber eher dem tatsächlichen Verhandlungsverlauf entsprechend erscheint, ist – wie gesagt – durch ein systematisches Register hervorragend nach Sachgegenständen zu erschließen. Es wäre zu wünschen, dass zukünftige Editionen der Reichstagsverhandlungen sich daran (und weniger an den Bänden zu den Speyerer und Wormser Reichstagen von 1542 und 1545) orientieren. Alle drei hier besprochenen Bände bieten indes gleicher Weise hervorragendes Material für den Rechtshistoriker, auch als Hilfsmittel für den verfassungshistorischen Unterricht der Universität.

 

Darmstadt                                                                                          J. Friedrich Battenberg