Das älteste Tübinger Ehebuch (1533-1614). Textedition und Register, hg. v. Schiek, Siegwalt/Setzler, Wilfried in Verbindung mit Blum, Christopher (= Beiträge zur Tübinger Geschichte 11). Theiss, Stuttgart 2000. 395 S.

 

Die vorliegende Edition geht auf Anregungen und umfangreiche Vorarbeiten des schon 1993 verstorbenen vielseitigen Archäologen und Denkmalpflegers Siegwalt Schiek zurück, der bis zu seinem Ruhestand (1986) als Hauptkonservator im Regierungsbezirk Stuttgart tätig war. Genealogische Interessen führten ihn ins Tübinger evangelische Kirchenregisteramt, wo er das nun zeitaufwendig edierte Ehebuch von St. Georg als eines der ältesten und wertvollsten im Lande erkannte. Die dabei aufgetretenen Schwierigkeiten waren nicht nur paläographischer Art, sondern auch mit der Lokalisierung der vom Pfarrer jeweils nach Gehör notierten Orte verbunden, da mehr als die Hälfte der genannten Personen nicht aus der Universitätsstadt Tübingen selbst, sondern aus der näheren und weiteren (!) Umgebung stammte. Hinzu traten Dialektprobleme, die Schiek in jahrelanger Kleinarbeit größtenteils löste, so dass das Ergebnis in den Registern bewundert und mit großem personengeschichtlichem Gewinn benutzt werden kann; außer dem Personenregister und dem Ortsregister ist vor allem das Berufsregister (S. 245-395) hilfreich. Es ist freilich „einseitig“, da Bauern und Weingärtner im Kirchenbuch leider nie als solche bezeichnet werden, meist auch Handwerker nicht, während Äbte, Amtsschreiber, Bürgermeister, Candidaten, Kanzler, Magister (seitenweise!), Pfarrer, Professoren, Räte und Schulmeister usw. sowie „Universitätsverwandte“ genauestens mit ihren Berufen erfasst wurden. Insgesamt handelt es sich um 4014 Einträge in das Ehebuch nach numerus nuptiarum aus der Zeit von 1553-1604, vom Herausgeber noch bis 1614 ergänzt.

 

Landesherrlich eingeführte Kirchenbücher in der Reformationszeit - wie dieses Ehebuch - enthalten nicht nur Angaben zur Vermählung, die (zumeist) am Wohnort der Frauen erfolgte, wobei die Eintragung oft noch unter ihrem Mädchennamen erfolgte, sondern erfasste auch die Verlobung oder gar die Einsegnung, ferner konfessionelle Mischehen und Witwenheiraten, registrierte vielfach sogar noch die Eltern der Brautleute. Schließlich ist die Quelle nicht nur familiengeschichtlich, sondern auch sozialgeschichtlich relevant, spiegeln sich in ihr doch außer Berufen, Ehrenämtern und Verdiensten auch Einquartierungen, Kriegs-, Hunger- und Seuchenjahre wider. So ist ein solches Buch eine hervorragende Quelle zur Bevölkerungsstatistik und Populationsgeographie. Die Einleitung unterrichtet über seine Stellung innerhalb der Entwicklung kirchlicher Aufzeichnungen allgemein und in Altwürttemberg speziell durch die Edikte Herzog Christophs (ab 1550), sie zeigt sich auch bibliographisch ausreichend informiert (S. 16), was der Rezensent als Bearbeiter einer „Bibliographie gedruckter Tauf-, Trau- und Totenregister“ (mit Christel Wegeleben, 1991) dankbar anmerken möchte. Besonders die schwäbische Familiengeschichtsforschung wird froh sein über diese das Original künftig schonende Edition, da das Tübinger Ehebuch schon jetzt das meist benutzte in Baden-Württemberg gewesen ist, nicht zuletzt wegen der hohen Zahl bekannter Persönlichkeiten.

 

Berlin                                                                                                                       Eckart Henning