Stockert, Harald, Adel im Übergang. Die Fürsten und Grafen von Löwenstein-Wertheim zwischen Landesherrschaft und Standesherrschaft 1780-1850 (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg B 144). Kohlhammer, Stuttgart 2000. XXXV, 330 S.

 

Der „Flurbereinigung“ zu Beginn des 19. Jahrhunderts fielen die zahlreichen Kleinstaaten des Heiligen Römischen Reiches zum Opfer. Gewinner waren die leistungsstärkeren Mittelstaaten, wie Bayern oder Württemberg. Am Beispiel der Fürsten und Grafen von Löwenstein-Wertheim zeichnet die Mannheimer Dissertation von Harald Stockert nach, wie aus einem regierenden Haus im Rheinbund und im Deutschen Bund danach Standesherren wurden. Zunächst zeigt er die Geschichte der Fürsten und Grafen bis zum Ende des Alten Reiches auf, wobei er sich weitgehend auf vorhandene Literatur stützen kann. Eingehende Lebensbilder sind dann den drei Landesherrn Fürst Dominik Konstantin von Löwenstein-Wertheim-Rochefort (1762-1814), Graf Johann Karl Ludwig von Löwenstein-Wertheim-Virneburg (1740-1816) und Graf Friedrich Gottlob von Löwenstein-Wertheim-Virneburg (1743-1825) gewidmet, die persönlich die Degradierung erleben mussten und unterschiedlich damit fertig wurden. Für kurze Zeit blieben der Fürst und die beiden Grafen zwar noch minderwertige Reichsstände, und aus der Masse der Säkularisation gelangen sogar noch einige Gewinne, doch die Mediatisierung war nicht zu verhindern. In der Rheinbundzeit waren die Löwenstein-Wertheim schließlich Standesherren in Bayern, Württemberg, Hessen-Darmstadt, im Großherzogtum Würzburg und im Großherzogtum Frankfurt. Nachdem sich die erwartete und erhoffte Restitution auf dem Wiener Kongress nicht realisieren ließ, blieben die Fürsten und Grafen von Löwenstein-Wertheim im Vormärz Standesherren in Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt, was von den jeweiligen Mitgliedern des Hauses mit völlig unterschiedlichem Engagement und Eifer genutzt wurde. Während die meisten Adeligen im Vormärz durch die Erfahrung der Mediatisierung regelrecht traumatisiert waren und sich von der Politik völlig fern hielten, wie etwa Fürst Karl Thomas von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, war sein Sohn zu mehr Mitwirkung im politischen Leben bereit. Das Hauptstreben aller Mitglieder des Hauses war aber auf die Sicherung und Bewahrung der gesellschaftlichen und rechtlichen Sonderstellung gerichtet, wie sie auch großen Wert auf einen standesgemäßen Lebensstil legten, wie der Verfasser nachweist. Stets war dabei die eigene herrschaftliche Vergangenheit das große Vorbild, an das sie anzuknüpfen versuchten. So wurde in den jeweiligen Residenzen ein „höfisches“ Leben aufrechterhalten und die herrschaftlichen Schlösser blieben Schauplatz standesgemäßer Repräsentation und Prachtentfaltung. Auch Wertheim behielt den Charakter der „Residenzstadt“ und wurde sogar mit einem neuen „Hoftheater“ ausgestattet. Durch zahlreiche Reisen zu den europäischen souveränen Höfen wollte man weiterhin die Zugehörigkeit zur Adelsgesellschaft dokumentieren und demonstrieren. Doch die Revolution von 1848/49 bedeutete einen weiteren tiefen Einschnitt in der Geschichte des deutschen Adels und gerade auch für die Fürsten und Grafen von Löwenstein-Wertheim, die ihre letzten Hoheitsrechte verloren.

 

Buckenhof                                                                                                  Rudolf Endres