Sachsen im Spiegel des Rechts. Ius Commune Propriumque, hg. v. Schmidt-Recla, Adrian/Schumann, Eva/Theisen, Frank. Böhlau, Köln 2001. XIII, 419 S., 16 Taf., 26 Abb.

 

Anzuzeigen ist ein Sammelband, der aus den Vorträgen des „Europäischen Forums Junger Rechtshistoriker/innen (Dig. 50,16,1 ist aber immer noch beachtenswert) 2000 in Leipzig entstanden ist. Aus über 40 eingesandten Beiträgen wurden 22 für den Druck ausgewählt. Das auch den Buchtitel darstellende Thema wurde weit verstanden und auch Arbeiten ohne Bezug zu Sachsen aufgenommen. Das gilt natürlich ohnehin für die antikrechtlichen Beiträge (G. Pfeifer / München über Keilschriftrecht und historischen Rechtsvergleichung, N. Kaiser / München über den Codex Florentinus, P. Belovky / Prag über Usucapio, J.-D. Rodriguez-Martin / Madrid über die Perpetuatio im Blick auf das spanische und sächsische Bürgerliche Gesetzbuch, C. Möller / Göttingen über die römischen Servituten und das Reichsgericht. Ebenfalls hierzu kann der Beitrag von Petrak / Zagreb über römische Grundlagen des neuen (postkommunistischen) Sachenrechts zählen. Auch die zahlreichen Arbeiten mit Bezug zum mittelalterlichen/frühneuzeitlichen Ius Commune lassen Sachsen, worunter fast ausschließlich Kursachsen verstanden wird, meist beiseite. Hier erwähne ich C. Latini / Macerata über das Asylrecht, I. Deflers / Paris befaßt sich mit Melanchthon und der Rezeption, R. Garé / Bern mit dem Gewohnheitsrecht in Italien vom 16. bis ins 18. Jahrhundert. N. El  Beheiri / Budapest schreibt über den Einfluß des Sachsenspiegels in Ungarn; verwandt im örtlich/zeitlichen Bereich ist die Skizze von B. Szabó / Miskolc über Zipser und Siebenbürger Sachsen. A. Bauer / Osnabrück handelt über das Ende des (west-)friesischen Rechts in der kurzen wettinischen Herrschaftsperiode. Das 19. Jahrhundert wird thematisiert von F. Klein / Weil der Stadt über Windscheid und von B. Scholze / Bonn über Stobbe, beide in ihrer Rolle bei der Vereinheitlichung des bürgerlichen Rechts in Deutschland. Ein verfassungsgeschichtliches Thema hat sich K. Olechowski-Hrdlicka / Wien mit der Rolle des Sachsen Beust bei der Neuordnung Österreich-Ungarns 1867 vorgenommen. In das 20 Jahrhundert reicht der Überblick von A. Bereza / Lublin über die polnische Friedensgerichtsbarkeit 1876-1915.

 

Die Moderne wird erreicht von K. Müller / Halle mit einer Vorstellung der Leipziger Kriegsverbrecherprozesse nach dem Ersten Weltkrieg und von M. Hanke / Salzburg, der die Zusammenhänge zwischen der Bombardierung Dresdens und der Entwicklung des Kriegsvölkerrechts beleuchtet. Das deutsche Gericht in Lublin 1940-44 ist Thema von A. Wrzyszcz / Lublin. Ebenfalls hierher gezählt werden kann die Studie U. Lenzners / Jena über Eugen Ehrlichs Vertragslehre. Der zeitlichen oder der regionalen Einordnung entziehen sich die Beiträge von A. Depping / Frankfurt am Main über das Projekt „Niedersächsische Juristen“, das auf der Folie einer europäischen Rechtsgeschichte geschrieben ist , und von F. Wieczorek und St. Prinz / Mühlheim über den Bildgebrauch im Recht.

 

Diese Nennung der Beiträge ist nicht mehr als eine Art Wiedergabe des Inhaltsverzeichnisses. Sie wird der Bedeutung der Arbeiten, ihrem höchst unterschiedlichen Niveau, das sich zum Teil aus den Themen ergibt, so daß nichts Pejoratives hier gemeint ist, dem Engagement und Impetus der jungen Kollegen nicht gerecht. Lebensalter und Position der Autoren läßt sich leider dem Band nicht entnehmen, aber Ordinarien sind es wohl (noch) nicht; daß sich auch bereits Habilitierte finden, läßt sich nur eher zufällig feststellen, will man nicht Erkenntnisse außerhalb des Buches heranziehen. Durchweg ist aber Begeisterung für das Fach, jedenfalls die eigene Disziplin festzustellen. Dichte und Kraft der Darstellung sind höchst unterschiedlich. Detailliert zu kritisieren erforderte zuviel Umfang, wäre auch nur für die Themen vertretbar, für die eine eigene Kompetenz zumindest teilweise reklamiert werden kann. Einzelne Beiträge herauszugreifen wäre nicht gerecht, wenngleich manches zu Stellungnahmen positiver wie auch negativer Tendenz reizt. So kann den Herausgebern des Bandes, der mit einer instruktiven Darstellung der Baugeschichte des Reichsgerichts aus der Feder von Th. Topfstedt / Leipzig beginnt, gratuliert werden und den Beiträgern für ihre Leistungen. Mögen sie Gelegenheit finden, ihre rechtshistorische Begeisterung weiterhin zu pflegen.

 

Berlin-Dahlem                                                                                    Friedrich Ebel