Das Taxregister der römischen Kanzlei 1471-1475 (Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Hss. „weiss 529“ und „weiss 920“) bearb. v. Heinig, Paul-Joachim/Grund, Ines (= Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440-1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet hg. v. Koller, Heinrich/Heinig, Paul-Joachim/Niederstätter, Alois, Sonderband 2 erster Teil, zweiter Teil). Böhlau, Wien 2001. XXII, 708 S., (V), 709-909 S.

 

Es ist eigentlich erstaunlich, dass das in der vorliegenden Publikation vorgestellte Taxregister bisher nicht, bzw. nur auszugsweise ediert worden ist. Schon vor 150 Jahren von Joseph Chmel der historischen Forschung bekannt gemacht, blieb es doch bis heute eine kaum zitierte und wenig bekannte Quelle. Erst durch die „Entdeckung“ der verwaltungs- und verfassungsgeschichtlichen Relevanz der siebziger Jahre des 15. Jahrhunderts für die Strukturen des Heiligen Römischen Reiches, mit der Erkenntnis, dass in diesen Jahren ein geschichtlich höchst bedeutsamer „Verdichtungsprozess“ einsetzte, trat das Taxregister wieder in den Blickpunkt der Forschung. Dass für die Anlage des Registers ein Kurmainzer Kanzleisekretär, Wigand Koneke, verantwortlich war, zeigt, dass dieses Register – wie auch andere Kanzleihilfsmittel dieser Zeit – dazu gedacht war, die Kanzleigeschäfte effizienter zu gestalten, um so die Einnahmen zu erhöhen, um damit das Pachtgeschäft über die Kanzlei und das Kammergericht für den Mainzer Kurfürsten profitabel zu machen.

 

Das Taxregister, von Chmel erstmals so benannt, benennt in chronologischer Reihenfolge regestenartig die wichtigsten Grunddaten der „gebührenpflichtigen“ kaiserlichen Urkunden – es sind nahezu 5.000 Stücke, in vielen Fällen der Forschung unbekannt, weil im Original nicht mehr überliefert - , dazu Vermerke über die Höhe und die Bezahlung der Kanzleitaxe. Die Edition gibt diese Eintragungen wörtlich wieder, nummeriert sie aber zugleich zur Ermöglichung einer besseren Zitierweise durch. Für den Rechtshistoriker interessant erscheint, dass der Urkundentyp jeweils mitgeteilt wird („citacio“, „inhibicio“, „compulsoria“, auch „orteilbrieff“, „quitancia“, „confirmacio“, „fiscalische ladunge“). Ein – in einem separaten zweiten Teilband enthaltenes – Register der Personennamen und Ortsnamen erleichtert den Zugriff auf das historische Quellenmaterial; der Verzicht auf ein Sachregister, das angesichts der knappen und nicht immer eindeutigen Urkundenregesten allerdings nur schwer wäre anzufertigen gewesen, lässt den rechtshistorischen Zugriff auf das Material allerdings als mühsam erscheinen. Der Wert des Taxregisters wird sich freilich erst erschließen, wenn auch die aus der gleichen Zeit stammenden Protokoll- und Urteilsbücher des Kaiserlichen Kammergerichts als Edition vorliegen. Diese Edition, in einem mehrjährigen Projekt unter Leitung Bernhard Diestelkamps und des Rezensenten erarbeitet, steht unmittelbar bevor. Es wird sich zeigen, dass das dort erschlossene und der Öffentlichkeit präsentierte Quellenmaterial eng mit dem Taxregister verzahnt war, so dass über Glossar und Sachregister dieser Edition auch ein neuer Zugriff auf das Taxbuch möglich sein wird.

 

Die Bearbeiter geben in einer informativen Einleitung biographische Daten zum Schreiber des Registers, zum Verfahrensgang der Kanzlei, zur Handschrift selbst und zum Inhalt der Eintragungen. Es bleibt ein mühseliges Unterfangen, sich in die Einzeltexte hineinzulesen. Doch wer die Arbeitsweise und die Urkundenproduktion der kaiserlichen Kanzlei aus dieser Zeit kennt, für den erschließt sich über die trockenen Taxeintragungen eine interessante Welt eines spätmittelalterlichen Hofes. Die hier vorliegende Edition wird gewiss bald zu einem wichtigen und für die Geschichte des Kaiserhofes grundlegenden Werk, das freilich im wesentlichen nur in Ergänzung zu anderen Urkundenpublikationen zur Hofkanzlei (wie vor allem der Grundreihe der „Regesta Imperii“) einen über die Kanzleigeschichte hinausgehenden Gehalt bekommt.

 

Darmstadt                                                                                          J. Friedrich Battenberg