Brüsch, Tanja, Die Brunonen, ihre Grafschaften und die sächsische Geschichte. Herrschaftsbildung und Adelsbewusstsein im 11. Jahrhundert (= Historische Studien 459). Matthiesen, Husum 2000. 346 S.

 

Nach einer umfangreichen Einleitung, in der sie die Schritte ihrer Untersuchung zu den Brunonen als „eine ostfälisch-sächsische Adelsfamilie ..., die im 11. Jahrhundert ... eine hochmittelalterliche Karriere mit und gegen den König begann und beendete“ (S. 9) vorstellt, widmet sich die Verfasserin der Genealogie dieser Adelsfamilie; eine liudolfingische Herkunft und damit eine Verwandtschaft zu den Ottonen streift sie nur als zu wenig gesichert; zwei Frauen, die beiden Gertruden, werden besonders – gut – herausgestellt. Im nächsten Kapitel untersucht sie das Verhältnis der Brunonen zu König und Königtum, besonders zu den Saliern, mit denen die Brunonen durch ihre „Stammmutter“ verbunden sind. Abschießend fragt sie nach der daraus resultierenden burgundisch-welfischen Tradition der Brunonen, die sich in dem von Gertrud der Älteren gestifteten Tragaltar manifestiert. Danach wendet sie sich den „Formen der Herrschaftsbildung“ zu unter besonderer Hervorhebung Braunschweigs und der dortigen brunonischen Stiftungen (St. Blasius, St. Cyriakus, St. Aegidien). Obwohl die Quellen für die beiden anderen brunonischen Herrschaftsbereiche, Friesland und Meißen, nur spärlich fließen, lässt sich doch ihre Bedeutung erkennen: mit brunonischer Münzprägung und ertragreichen Grafschaft(en) war Friesland ein Wirtschaftsfaktor; die Mark Meißen hingegen brachte einen Zugewinn an Macht und Ansehen, das mit einem Gebetsgedenken im Dom zu Meißen untermauert wurde. Schließlich gewann die Mark Meißen strategische Bedeutung in den Auseinandersetzungen Heinrichs IV. mit den Sachsen. Zum Schluss dieses Abschnittes wird unter der Überschrift „Herrschaftsbildung und Adelsbewußtsein als Überlieferungsproblem“ ein Zwischenergebnis zu Leitnamen, zum Wohnsitz, zur Grablege und damit zu den Kennzeichen für das entstehende Geschlecht (S. 129) und zum adeligen Selbstverständnis der Brunonen gezogen.

 

Ein Hauptanliegen ist ihr die Auseinandersetzung mit den Grafschaften, für die im fünften Kapitel zunächst die Rechte und Besitzungen der Brunonen in der Reihenfolge Greding-Meißen-Friesland-Thüringen-Ostfalen abgehandelt werden. Danach setzt sie sich im nächsten Kapitel mit dem Begriff Grafschaft und dessen Inhalt wie auch der räumlichen Ausdehnung anhand königlicher Schenkungen an Bischofskirchen auseinander und fragt nach einem Zusammenhang von Grafschaft und Archidiakonat sowie von Grafschaft und Gogericht. Es folgen im siebten Kapitel das Verhältnis von König und Fürsten unter Heinrich IV. und schließlich im achten Kapitel das Gerichtsverfahren gegen Eckbert II., den letzten Brunonen, im Vergleich mit dem ein hundert Jahre späteren Verfahren gegen Heinrich den Löwen, seinen Urgroßneffen. Sie schließt, bevor sie im zehnten Abschnitt ihre Ergebnisse bekannt macht, ihre Untersuchungen – anknüpfend an das Gerichtsverfahren gegen Heinrich den Löwen – mit einem Ausblick auf die daraus resultierenden neuen Herzogtümer in Sachsen nach 1180. Im Anhang sind Übersichten zu Verwandtschaften und Karten hinzugefügt, die besser dargestellt sein könnten. Daran schließen Abkürzungen, Quellen- und Literaturverzeichnis und ein Register (Orte, Personen) an.

 

Die bekannten Quellen werden unter neuer und vielschichtiger Fragestellung mit durchaus interessanten Ergebnissen ausgewertet. Allerdings beschränkt der salisch-königliche Blickwinkel das Untersuchungsfeld. Das Verhältnis der Brunonen zu den anderen sächsischen Großen und ihr dadurch mitbestimmtes Agieren wird nur angerissen. Hinsichtlich der Herrschaftsgrundlage, festzumachen an den unterschiedlichsten Rechten an Orten, gab es – gewollt (bis auf die Ausnahmen Greding, Kloster Homburg) – kein Hinausgehen über Bekanntes. Im Fall der Grafschaftsübertragungen fehlt auch ein Hinterfragen: Warum schenkte der König dem Bischof von Hildesheim gerade die Grafschaften seines Verwandten, der damit ein bischöflichen Lehnsmann wurde, warum tat er dies bei anderen sächsischen Grafenfamilien wie z. B. den Katlenburgern nicht? Die im Titel enthaltene „sächsische Geschichte“ ist zu kurz gekommen.

 

Salzgitter                                                                                            Gudrun Pischke