RanieriEldret20000620 Nr. 10113 ZRG 118 (2001)

 

 

El dret comú i Catalunya. Actes del IX Simposi Internacional Barcelona, 4-5 de juny de 1999. La familia i el seu patrimoni, hg. v. Iglesia Ferreirós Aquilino (Associació Catalana d’Història del Dret „Jaume de Montjuïc”) (= Estudis 22). Fundació Noguera, Barcelona 2000. 252 S.

Im Juni 1999 fand an der Staatlichen Universität von Barcelona ein internationales rechtshistorisches Kolloquium zum Thema „Die Familie und ihr Vermögen in der mittelalterlichen Tradition des ius commune und des katalanischen Rechts“ statt. Die Akten des Kolloquiums werden nunmehr, herausgegeben vom spanischen Rechtshistoriker Aquilino Iglesia, in dem hier anzuzeigenden Band veröffentlicht. Die Publikation erfolgt in der Reihe der katalanischen Stiftung „Noguera“, die vor etlichen Jahren von einem Notar aus Barcelona zur Pflege der Geschichte des katalanischen Rechts errichtet wurde. Nicht nur die Themen der hier publizierten Beiträge, sondern die genannte Schriftenreihe rechtfertigen die Präsentation dieses Bandes auch in dieser Zeitschrift. Zum Hintergrund sei kurz daran erinnert, daß seit der Wiederkehr der Demokratie in Spanien vor einigen Jahrzehnten die politische und juristische Autonomie Kataloniens wesentlich zugenommen hat. Die inzwischen erfolgte Kodifikation der „derechos forals“ hat eine wesentliche Rolle bei der Pflege und Fortschreibung der Tradition des katalanischen Rechts gespielt. Gerade die Geschichte des katalanischen Rechts und der damit eng verbundenen Tradition des europäischen ius commune nimmt seither eine zentrale Stellung in den Forschungsinteressen und in der Publikationstätigkeit der Rechtshistoriker und der Juristen überhaupt in Katalonien ein. Die bereits genannte Stiftung hat in den vergangenen Jahren unzählige Publikationen auf dem Gebiet gefördert. Auf den Seiten 241‑252 des hier angezeigten Bandes werden sämtliche in diesem Rahmen während der vergangenen 15 Jahren erschienenen Beiträge und Publikationen aufgelistet und bibliographisch erschlossen. Diese beeindruckende Bibliographie macht deutlich, welchen Aufschwung die Geschichte des katalanischen Rechts inzwischen genommen hat und welche zentrale Rolle für die katalanischen Rechtshistoriker die Verbindungen zwischen Katalonien und der Entwicklung des europäischen ius commune einnehmen.

Die hier publizierten Beiträge sind auf Kastilianisch, Katalanisch und z. T. auf Italienisch geschrieben. Eine englische oder französische Zusammenfassung hätte sich für eine größere Verbreitung des Bandes empfohlen. Das Thema des Symposiums betraf die Familie und deren Patrimonialverhältnisse zwischen der Tradition des ius commune und den heutigen Problemen des katalanischen Rechts. In einer solchen Verbindung zwischen Rechtsgeschichte und Gegenwartsproblemen entsprach das Symposium gerade den Interessen, welche die katalanische Rechtswissenschaft heute auszeichnen. Ein erster Beitrag des Herausgebers selbst (S. 15‑36) ist der Stellung von Familie, Ehe und deren vermögensrechtlichen Beziehungen in der Geschichte und Gegenwart des katalanischen Rechts gewidmet. In diesem Zusammenhang nimmt der Verfasser auch ausführlich zu der Frage Stellung, inwieweit es sinnvoll und notwendig ist, zum besseren Verständnis des katalanischen Rechts auf die Tradition des römischen und des gemeinen Rechts zurückzugreifen. Ein weiterer Beitrag von Adriana Campitelli (S. 37‑56) ist der Ehe und der Eheschließung in der Übergangsphase zwischen den Justinianischen Quellen und dem mittelalterlichen ius commune gewidmet. Pacheco Caballero schreibt (S. 57‑90) über die Vermögensverhältnisse zwischen Familienrecht und Erbrecht. Sein Beitrag ist insbesondere der Widerruflichkeit und Unwiderruflichkeit der Schenkungen mortis causa in der Tradition des katalanischen Rechts gewidmet. Victor Crescenzi (S. 91‑124) widmet seinen Beitrag der rechtlichen Realität der Familie und deren Vermögen in der Epoche der norditalienischen Kommunen. Er geht hier nicht nur auf die Schriften der Glossatoren ein, sondern verwertet in seiner Untersuchung auch zahlreiche norditalienische Statuten. Die übrigen Beiträge verlassen die Geschichte des ius commune und behandeln Themen und Fragen, die mit den Gegenwartsproblemen des heutigen katalanischen Rechts verbunden sind. So geht Giovanni Diurni (S. 125‑144) auf die Geschichte der Zivilehe und insbesondere des Scheidungsrechts in Frankreich seit der französischen Revolution ein. Encarna Roca (S. 145-182) beschreibt die gegenwärtige Entwicklung des katalanischen Familienrechts bis zu der jüngsten Gesamtreform vom 15. Juli 1998, in der ein Familiengesetzbuch für Katalonien verabschiedet wurde. Ricart Martí (S. 195‑214) geht in seinem Beitrag auf die Entwicklung und heutige Ausformung des handgeschriebenen Testaments ‑ insbesondere in der historischen Tradition des katalanischen Rechts ‑ ein. Einem heute ganz aktuellen Thema ist der letzte Beitrag von Carlos Villagrasa Alcalde (S. 225‑237) gewidmet, in dem der Frage nachgegangen wird, inwieweit sich eine rechtliche Regelung für homosexuelle Paare im katalanischen Familienrecht empfiehlt.

Für die Geschichte des Familienrechts in der europäischen Tradition des ius commune, aber auch für die Gegenwartsprobleme im gegenwärtigen spanischen Familienrecht, stellt der vorliegende Band eine reichhaltige und empfehlenswerte Lektüre dar.

Saarbrücken                                                                                                                Filippo Ranieri