HafnerRuppert

 

Karsten Ruppert, Bürgertum und staatliche Macht in Deutschland zwischen Fran­zösischer und deutscher Revolution (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 51). Duncker & Humblot, Berlin 1997. 156 S.

 

 

Bekanntlich ist das 19. Jahrhundert in politischer Hinsicht vom Streben nach Ver­wirklichung liberaler Ideen und Schaffung nationaler Einheit geprägt. Wenngleich

vergeblich, versuchte auch das deutsche Bürgertum, diese Ziele zu erreichen. Nach der französischen Revolution, die einen Umbruch für die ganze politische Struktur des europäischen Kontinents zur Folge hatte, wurden in den französisch besetzten Ländern Satellitenstaaten gebildet. Gesetzgebung und Bürgerrechte wurden ganz nach dem französischen Vorbild ausgestaltet. Durch den Export der Ideen der französischen Revolution wurde in allen Ländern des deutschen Sprach- und Kulturkreises der Wille des Volkes - insbesondere des Bürgertums - zusätzlich angestachelt, für Freiheitsrechte und nationale Einheit zu kämpfen.

Die vorliegende Studie kann mit ihrer breit angelegten Fragestellung freilich nur einzelne Aspekte der Zeit zwischen der französischen Revolution von 1789 und der deutschen Märzrevolution von 1848 aufgreifen. Sie beschränkt sich denn auch auf eine punktuelle Darstellung der Ereignisse im Deutschen Bund, ohne dabei etwa auch auf die revolutionären Verhältnisse in anderen europäischen Ländern genauer einzugehen, die ohne Zweifel teilweise kausal für die Entwicklung in Deutschland waren.

Der Autor beschreibt die Situation, in der sich das Bürgertum in den einzelnen deutschen Staaten während dieser Jahre befand. Das Bürgertum hoffte, an der Macht des jeweiligen Fürsten partizipieren zu können, wünschte aber selbst keine Republik. In zeitlicher Hinsicht geht der Autor zunächst von den Reformen unter napoleonischem Einfluß in den Rheinbundstaaten aus. Alsdann werden die politischen Strömungen in Deutschland nach der Restauration durch den Wiener Kongress beleuchtet. Die Studie endet schließlich mit einer Erläuterung der Zeit der deutschen Revolution und des Einflusses der Paulskirchenversammlung auf die Politik der folgenden Jahrzehnte in Deutschland. Die Ereignisse dieser Jahre prägten Deutschland bis zu dessen Ende nach dem Ersten Weltkrieg. Das Scheitern des Versuches des deutschen Bürgertums, eine Republik zu schaffen, bereitete den Weg für eine deutsche Form der konstitutionellen Monarchie, welche die Herrschaft der Monarchen festigte und damit den Ausgangspunkt für die Gründung des deutschen Reiches 1871 durch Bismarck bildete.

Die Studie, die nicht ohne Vorkenntnisse über das Zeitalter der Revolution in Deutschland gelesen werden kann, stellt einen wertvollen Beitrag über diese Epoche deutscher Geschichte dar.

Basel      Felix Hafner