Verschluss-Sachen. Dokumente, Fotos und Objekte aus dem Archiv der Staatssicherheit, hg. v. Jedlitschka, Karsten/Niederhut, Jens/Springer, Philipp. Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdiensts der ehemaligen DDR, Berlin 2017. 191 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Als Individualist hält der Mensch gerne einzelne Gegebenheiten vor anderen Menschen geheim, was er entsprechend auch in Funktionen von ihn umgebenden Staaten praktiziert. Deswegen hat er in dieser Umgebung Geheimhaltungsstufen wie etwa streng geheim, geheim oder Verschlusssache eingeführt. Danach ist beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland eine Verschlusssache-vertraulich, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder schädlich sein kann.

 

Für die Staatssicherheit der früheren Deutschen Demokratischen Republik hat sich die vorliegende Veröffentlichung mit diesem Gegenstand beschäftigt. Vier Mitarbeiter des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdiensts haben die entsprechenden Bestände durchgesehen und aus jedem Jahr, in dem es (ab 1950) die Staatssicherheit gab, ein bislang unbekanntes (Dokument, Foto oder) Objekt präsentiert. Auf diese Weise wird ein neuartiger, vielfältiger Einblick in die Tätigkeit der Staatssicherheit geboten.

 

Im Einzelnen folgen dabei einem kurzen Vorwort und einer hilfreichen Einleitung vierzig kurze Abschnitte mit zugehörigen Berichten. Sie beginnen mit einem Umschlag „voller Hetzbuchstaben“ und enden nach Kriegshetze, Ansehen der Volkspolizei, Ursula, Mäuschen, bayerischen Landstraßen, Protest, Meinung, Flüchtlingen, olympischen Spielen, Tondokumenten, Kunstschrift, Sabotageverdacht, puckelrussischen Hängebauchschweinen, Rentnern, Eigensinn, deutsch-sowjetischer Feindschaft im Jagdrevier, Mongolenschweinen, Kaderkarteikarten, dem großen Knall, Hirsebrei, Staatsarchiv, Zugtoiletten, Weihnachten, angeblichen Selbstmorden, kopierten Schlüsseln, dem Kiez des kleinen Erich, Holländern, Schild und Schwert, langer und reiflicher Überlegung, dem 10. Parteitag der SED, Rätseln über Fehlfarben, der großen Liebe des Ronald B., dem neuen Zentralarchiv der Stasi, dem Bahnhof Friedrichstraße, einem Hakenkreuz im Schnee, einem Stofffetzen an einem Grenzzaun und den Privilegien eines hauptamtlichen Mitarbeiters schließlich „hinter den Kulissen“. Anmerkungen, ein Abkürzungsverzeichnis, ein Ortsregister, Informationen zu dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdiensts und ein Verzeichnis der (Leistungen der) vier Autoren runden das interessante und hinsichtlich der modernen menschlich-staatlichen Heimlichkeiten durchaus aufschlussreiche Werk hilfreich ab.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler