Haas, Philip, Fürstenehe und Interessen. Die dynastische Ehe der Frühen Neuzeit in zeitgenössischer Traktatliteratur und politischer Praxis am Beispiel Hessen-Kassels (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 177). Hessische Historische Kommission Darmstadt und Historische Kommission für Hessen, Selbstverlag der Hessischen Historischen Kommission Darmstadt und der Historischen Kommission für Hessen Darmstadt 2017. 393 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

„Mögen andere Kriege führen, du, glückliches Österreich, heirate“ ist die bekannteste Ausprägung einer erfolgreichen Politik der Weltgeschichte. Sie beruht darauf, dass viele Menschen während ihres Lebens eine unbestimmte Vielzahl an Gütern erwerben, die mit ihrem Tode nicht untergehen, sondern vorzugsweise an ihre biologische oder auch eine durch ihren Willen bestimmte Umgebung fallen sollen, die selbverständlich auch für einen Erwerb von anderer Seite offensteht. Eine naheliegende Verbindung beider Möglichkeiten ist die Eheschließung, bei der für die eigene Verwandtschaft ein begüterter Partner ausgesucht wird, dessen Vermögen vielleicht irgendwann irgendwie der eigenen Familie anfallen kann.

 

Mit einem besonderen Aspekt dieser allgemeinen Thematik beschäftigt sich das vorliegende Werk, das als Dissertation des Verfassers während seiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Marburg in dem Rahmen des Sonderforschungsbereichs/Transregio 138 „Dynamiken der Sicherheit“ unter Finanzierung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft entstand und von Christoph Kampmann erfolgreich betreut wurde. Gegliedert ist es nach einer Einleitung über den Forschungsstand, Desiderata, Perspektiven und Methoden, die Auswahl des Untersuchungsgegenstands und des Untersuchungszeitraums, Fragestellung und Vorgehen sowie Quellen (Verträge, Akten, Quellen zur feierlichen Inszenierung) in zwei Teile. Sie betreffen Normen und Begrifflichkeiten (hessische Hausordnungen, Traktate zur dynastischen Ehe) sowie die Untersuchung der sieben Eheschlüsse Hessen-Kassels 1649, 1667, 1679, 1700, 1709, 1715 und 1740.

 

Im Ergebnis kann der Verfasser aus seiner Verbindung von theoretischem Schrifttum und praktischen Beispielen ermitteln, dass die Landgrafschaft  Hessen-Kassel insgesamt eine vergleichsweise erfolgreiche dynastische Heiratspolitik betrieb. „In der Spätphase des Dreißigjährigen Krieges nutzte“ beispielsweise „die Regentinnen! Amalie Elisabeth die gesteigerte militärische Bedeutung Hessen-Kassels, um Heiratsbeziehungen zu führenden reformierten Familien zu knüpfen und die Landgrafschaft auf diese Weise zu konsolidieren,“ wobei schließlich das langfristige Ziel einer europäischen Krone von Hessen-Kassel als Reichsterritorium in einzigartiger Weise erreicht werden konnte, sich aber auch andere, nicht bedachte und nicht intendierte Konsequenzen ergaben. Alles in allem ist daher für den Verfasser ansprechend das Interesse die zentrale Kategorie der ein spezifisches Profil gewinnenden und darin letztlich alternativlosen  fürstlichen Ehen der frühen Neuzeit.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler