Fuhrmann, Horst, Papst Gregor VII. und das Zeitalter der Reform – Annäherungen an eine europäische Wende. Ausgewählte Aufsätze, hg. v. Hartmann, Martina unter Mitarbeit von Nierhoff, Anna Claudia/Jasper, Detlev (= Monumenta Germaniae Historica Schriften 72). Harrassowitz, Wiesbaden 2016. XI, 598 S., 11 Abb., 2 Tab. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Der als Hildebrand in Sovana in der Toskana um 1020/1025 geborene und im Exil in Salerno am 25. Mai 1085 gestorbene Gregor VII. war in der langen Reihe des römischen Papsttums eine herausragende Gestalt. 1045 wurde er im Alter von 20 bis 25 Jahren capellanus, nach Rückkehr aus einem Exil (in Köln) Kardinalsubdiakon, 1058/1059 Archidiakon und am 22. April 1073 im Alter von rund 50 Jahren  durch Akklamation Papst. Seine Aktivität hat auf Grund ihrer europaweit bedeutsamen Folgen seit langem die Aufmerksamkeit vieler Historiker gefunden.

 

Zu ihnen zählt an hervorragender Stelle auch der als Sohn eines Postbeamten in Kreuzburg in Oberschlesien am 22. Juni 1926 geborene, nach dem zweiten Weltkrieg statt der gewünschten Flugzeugkonstruktion in Kiel ab Sommer 1946 mit nachgeholtem Abitur Rechtswissenschaft und ab dem folgenden Wintersemester Geschichte und klassische Philologie studierende, 1952 mit einer Dissertation über mittelalterliche Patriarchate bei Karl Jordan promovierte, 1960/1961 als Assistent Jordans mit einer Schrift über die Bedeutung und Wirksamkeit der pseudoisidorischen Dekretalen habilitierte und anschließend in Tübingen und Regensburg sowie von 1971 bis 1994 als Präsident der Monumenta Germaniae Historica tätige, nach langer Krankheit in Herrsching am 9. September 2011 verstorbene Horst Fuhrmann. Sein wichtigster Arbeitsschwerpunkt waren die Fälschungen im Mittelalter. Mit einer Einladung ins Mittelalter, mit der Vorstellung „überall ist Mittelalter“ und mit einer Untersuchung über die Päpste (1998) sowie zahlreichen Einzeluntersuchungen wirkte er weit darüber hinaus.

 

In diesem umfassenden mittelalterlichen Rahmen interessierte ihn Gregor VII. in besonderer Weise. Aus diesem Grunde konnte er noch selbst für die Herausgeberin des vorliegenden, durch ein Schriftenverzeichnis bereicherten und ein von Abaelardus bis Zepherinus reichendes Register benutzerfreundlich aufgeschlossenen Sammelwerkes 28 Studien zu Gregor VII., zu Geist und Gestalt der Reform einerseits und zur Quellenkunde und zum Quellenverständnis der Reformzeit andererseits zusammenfassen. Sie reichen von Gregor VII., „gregorianische Reform“ und Investiturstreit bis zu der Fabel von Papst Leo und Bischof Hilarius und spiegeln den Einfallsreichtum, die Gelehrsamkeit und die Spannkraft Horst Führmanns als dauerndes Vermächtnis für alle Historiker in beeindruckender Weise wider.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler