Deutsches Literatur-Lexikon – Das Mittelalter, hg. von Achnitz, Wolfgang Band 7 Das wissensvermittelnde Schrifttum im 15. Jahrhundert, mit einem einführenden Essay von Mario Müller. De Gruyter, Berlin 2015. XLIV S., 1907 Sp.

 

Mit dem vorliegenden siebenten Band ist der Überblick über das wissensvermittelnde Schrifttum des Mittelalters bis zum Ende des 15. Jahrhunderts abgeschlossen. Entgegen des Titels wird die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts (Sp. 1584 – 1782) mitbehandelt, ohne dass eine Klärung der Kriterien für die Auswahl erkennbar ist. Mario Müller leitet Band 7 mit einem Essay zu den Textsorten des wissensvermittelnden Schrifttums ein. Für das infrage kommende Schrifttum der Bände 6 und 7 sind 22 Untergruppen gebildet, die hier interessierende Gruppe 11 (Rechtstexte) ist wiederum in 17 Untergruppen (Bergrechte bis Weistümer) untergliedert. Die einzelnen Artikel des Bandes sind einheitlich konzipiert: Einer Kurzbeschreibung des Inhalts und Datierung folgt der Versuch einer Einordnung des Textes. Die Rubriken ‚Überlieferung‘, ‚Ausgaben‘, ‚Literatur‘ und ‚Drucke‘ bringen die wesentlichen Angaben für eine nähere Erschließung der Texte. Diese Reihenfolge wurde von dem Verlag schon bei den Einträgen des ‚Deutschen Literatur – Lexikons‘ und dem Verfasserlexikon gewählt. Die Artikel sind ohne Beachtung der Textsorten chronologisch angeordnet. Bereits dieses Ordnungsprinzip begegnet Bedenken, denn die aufgenommenen Texte sind in den wenigsten Fällen datiert und oft gerade mal einem Quartal eines Jahrhunderts zuzuordnen. Dadurch folgen die aufgenommenen Artikel in bunter Reihenfolge und erfordern eine Registersuche. Da im Register zwar Autoren, jedoch nicht die von ihnen aufgenommenen Werke verzeichnet sind, findet man z. B. die Glossen zum Hamburger Stadtrecht weder mit dem Stichwort ‚Hamburg‘ oder ‚Stadtrecht‘ sondern lediglich mit ‚Langenbeck, Hermann‘. Den ‚Schladminger Bergbrief‘ ermittelt man über ‚Lienhart der Eckelstain‘. ‚König Lasla‘ ist nach diesem System unter ‚König‘ angesetzt, jedoch unter ‚Lasla‘ nicht zu finden. Ein Nutzer, der ein Stichwort sucht, muss daher wissen, wie das gesuchte Stichwort angesetzt ist und in welchem der beiden Bände er dieses Stichwort suchen könnte, um dann im Register die Spalten aufzusuchen, in denen das Stichwort behandelt ist. Von der Seite des Verlegers her ist dieses Verfahrens umsatzfördernd, denn wer zum Mittelalter Stichworte sucht, ist darauf angewiesen, beide Bände zur Hand zu nehmen. Beim Inhalt der einzelnen Stichworte haben sich die Autoren überwiegend auf die eingeführten Informationsquellen, Verfasserlexikon und Handschriftencensus, gestützt, ohne dass erkennbar eigene zusätzliche Forschungen angestellt wurden. Volker Honemann hat in seiner Rezension der Bände 1 und 2 (Zeitschrift für deutsches Altertum, Bd. 141 [2012], S. 505–524) in einer sorgfältigen und belegreichen Untersuchung nachgewiesen, in welchem Umfange für diese Bände auf die Ergebnisse anderer Autoren des De Gruyter - Verlages zurückgegriffen wurde. ‚Vom Abschreiben deutscher Bücher‘ ist demgemäß (Sp. 217 f.) ein eigener Eintrag gewidmet. Bei Handbüchern, die eine Übersicht über eine Vielzahl von Gegenständen bieten, ist immer die Frage zu stellen, nach welchen Kriterien die behandelten Stichworte ausgewählt worden sind und nach welchen Überlegungen eigentlich sachlich zugehörige Stichworte nicht aufgenommen worden sind. Der Herausgeber gibt hierfür keine Anhaltspunkte. Es bleibt aus diesem Grunde Verwunderung darüber, dass zwar bei Bergrecht Bleiberg, Hartberg, Rattenberg und Schwaz behandelt wurden, jedoch das Kuttenberger Kanzionale (1490) ebenso wie die Bergordnung für den Rammelsberg bei Goslar (1476) keine Aufnahme fanden. Erfreulich ist es, dass das ‚Landbuch der March‘ aufgenommen ist, denn dadurch konnten wenigstens in diesem Artikel die Landbücher von Glarus und Obwalden und die „Rechtsbücher“ von Nidwalden und Zug ohne nähere Einzelheiten erwähnt werden. Warum das ‚Landbuch von Wallis‘ (Naters, 1446) indes keine Berücksichtigung fand, erschließt sich dem Benutzer nicht. In der Rubrik ‚Literatur‘ ist der Nachweis bis etwa zum Jahre 2014 bei den einzelnen Beiträgen unterschiedlich sorgfältig erfolgt. Wenn der Herausgeber in seinem Resümee feststellt (S. XIV) ‚nur wer sich ehrgeizige Ziele steckt, wird am Ende wissen, welche Hürden auf dem Wege dahin zu nehmen waren‘, so ist ihm zu konzedieren, dass die auf dem Wege zu einem übersichtlichen Sammelwerk der Textsorten des wissensvermittelnden Schrifttums bis zum 15. Jahrhundert zu nehmenden Hürden durch dieses Werk nicht genommen wurden.

 

Neu-Ulm                                                                                                       Ulrich-Dieter Oppitz